In der Corona-Pandemie wird auch dem Letzten klar: Es fehlt an Pflegefachkräften. Nicht nur auf den Intensivstationen, sondern in allen Bereichen der Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen. Der Notstand ist nicht vom Himmel gefallen, er ist Ergebnis politischer Entscheidungen. So haben die Krankenhausfinanzierung über Fallpauschalen und die Profitorientierung von Pflegekonzernen dazu beigetragen, dass über Jahre hinweg Personal abgebaut und die Ausbildung heruntergefahren wurden. Der nunmehr lautstark beklagte Fachkräftemangel ist also in weiten Teilen hausgemacht.
Dennoch wird er als Begründung dafür herangezogen, die Qualifikationsstandards abzusenken. Schon erschallt der Ruf nach einer Ausbildungsoffensive für Pflegehilfskräfte. Dabei finden sich in den Ländern bereits 28 Ausbildungen unterschiedlicher Dauer und mit verschiedensten Abschlussbezeichnungen. Dieser Wirrwarr erschwert die berufliche Weiterentwicklung und stellt eine einheitliche Versorgungsqualität in Frage.
Warum sollten Assistenzkräfte überhaupt kürzer ausgebildet werden als Pflegefachkräfte? Wenn sie schlechtere schulische Voraussetzungen mitbringen, brauchen sie mehr, nicht weniger Ausbildung. Auch Pflegehilfskräfte sollten eigenständig arbeiten können. In der Praxis tun sie das sowieso. Sie sollten den pflegebedürftigen Menschen assistieren – nicht den Fachkräften. Pflege ist immer Facharbeit und braucht eine entsprechende Qualifikation. Dass geringer qualifizierte Pflegekräfte den Mangel beheben sollen, hat keine fachlichen, sondern lediglich finanzielle Gründe: Sie sind billiger. Die wichtige und harte Arbeit der Assistenzkräfte muss finanziell aufgewertet werden.
Die Aufspaltung der Pflegearbeit macht den Beruf nicht attraktiver – im Gegenteil. Pflegehilfskräfte sind häufiger arbeitslos und können ihre Tätigkeit noch öfter nicht bis zum Rentenalter ausüben. Pflegefachkräfte haben ihren Beruf zumeist nicht erlernt, um Papierkram zu machen und Anweisungen zu geben. Grundpflege ist nicht immer angenehm – aber sie ist Teil einer guten Pflege. Wer mehr Zeit mit den Menschen verbringt, kann besser entscheiden, was der oder die Patient*in braucht. Fachlich ist dieser ganzheitliche Ansatz unbedingt geboten. Ob er sich rechnet, sollte nicht das Thema sein.
Gerd Dielmann ist Krankenpfleger und Diplom-Pädagoge und war viele Jahre in der ver.di-Bundesverwaltung für die Berufsbildung der Gesundheitsberufe zuständig. Heute ist er im Ruhestand und in der gewerkschaftlichen Bildungsarbeit, als Autor und Sachverständiger aktiv.