Du kannst verlangen, deine Arbeitszeit zu verringern. Dieses Recht betrifft nicht nur deine regelmäßige Zeitschuld. Du darfst damit erst recht verlangen, von zusätzlicher Arbeitszeit verschont zu werden: keine Überstunden mehr, kein Bereitschaftsdienst, keine Rufbereitschaft!
Manche Personalleiter versuchen, deinem Antrag diese Kraft zu nehmen. Sie unterlaufen ihn mit dem Angebot einer »Änderungsvereinbarung«. Ihr Trick ist »treuwidrig« und bleibt deshalb nichtig und unbeachtlich.
Manchmal erwecken Arbeitgeber den Eindruck, sie seien mit der Arbeitszeitverkürzung und der Neuverteilung einverstanden. Zugleich aber versuchen sie, in einem Änderungsvertrag andere Regelungen unterzuschieben. Damit aber handeln Arbeitgeber treuwidrig. Die Änderungsvereinbarung bleibt nichtig und deshalb rechtsunwirksam. Fehlt nun eine klare Ablehnung durch den Arbeitgeber? Dann gilt die Arbeitszeit als verringert und festgelegt wie ursprünglich beantragt.
LAG Düsseldorf Urteil 28.04.2020 – 8 Sa 403/19 Rn. 64
An die Personalabteilung, Kopie an Vorgesetzte, Betriebsrat
ich beantrage, von morgen an in drei Monaten meine Arbeitszeit auf 37 Stunden je Woche zu verkürzen und damit verbunden sie auf ganze Schichten zu verteilen.
Zur gelegentlichen Leistung von Mehrarbeit, Überstunden und eventuell zu Rufbereitschaften mit meiner jeweiligen Zustimmung bin ich bereit, ebenso zur anteiligen Arbeit an Wochenenden und Feiertagen. Bei dieser Gelegenheit bitte ich Sie um ein qualifiziertes Zwischenzeugnis.
Mit freundlichen Grüßen
Sophie Kunz
Hier geht´s zum Musterantrag.
Dein Antrag darf die geringe Verkürzung auf wöchentlich 37,75 Stunden verlangen. Und zugleich darfst du beantragen, diese Arbeitszeit neu und anders zu verteilen (§ 8 TzBfG). ArbG Stuttgart Urteil 23.11. 2001 – 26 Ca 1324/01
Der so begründete Anspruch auf Neuverteilung der Schichten betrifft die gesamte vertragliche Arbeitszeit (z. B. Wunsch nach 4-Tage statt 5-Tage-Woche). LAG München, 08.05.2008 – 2 Sa 1140/07
Eine Beschäftigte darf die Verkürzung ihrer Arbeitszeit beantragen. An diesen Antrag darf sie die Bedingung knüpfen, wie sich die Arbeitszeit verteilen soll. In diesem Fall kann ihr Antrag nur einheitlich angenommen oder abgelehnt werden. BAG Urteil 18.02.2003 – 9 AZR 164/02
Der Antrag auf Verkürzung und Neuverteilung der Arbeitszeit muss in »Textform« gestellt werden, also etwa als Brief, Fax oder E-Mail. Der Antrag muss so eindeutig und klar gefasst sein, dass der Arbeitgeber ihn mit einem »Ja« oder einem schriftlichen »Nein« bescheiden kann. BAG Urteile 20.01.2015 – 9 AZR 860/13 Rn. 40
Eine Beschäftigte ist bis zum Fristende an den von ihr gestellten Antrag auf Verkürzung und Neuverteilung der Arbeitszeit gebunden. Sie kann dieses Änderungsangebot nicht einseitig zurückziehen. LAG Düsseldorf Urteil 28.04.2020 – 8 Sa 403/19 Rn. 47
Ein Antrag etwa auf »Verkürzung durch Freischichten alljährlich zwischen Weihnachten und Neujahr« kann rechtsmissbräuchlich sein. BAG Urteil 11.6.2013 – 9 AZR 786/11
Doch auch ein rechtsmissbräuchlicher Antrag bleibt wirksam. Dieser Antrag kann vom Arbeitgeber schweigend angenommen werden. Der Arbeitgeber muss den Antrag sonst rechtzeitig einen Monat vor Beginn schriftlich (eigenhändig und mit Namensunterschrift) klar und eindeutig ablehnen (»Nein«). BAG Urteil 27.6.2017 – 9 AZR 368/16 Rn. 37
Lehnt der Arbeitgeber einen Antrag bloß mündlich ab, bleibt dies nichtig. Der Antrag hatte damit Erfolg. BAG Urteil 20.01.2015 – 9 AZR 860/13 Rn. 44
Manchmal versuchen Arbeitgeber, Anträge abzulehnen. Doch einige Gesetze zur Mitbestimmung verlangen zuvor das »Ja« der Mitarbeitervertretung oder des Personalrats zur Ablehnung:
Verweigert deine Interessenvertretung ihre Zustimmung zur Ablehnung durch den Arbeitgeber? Pech für den Chef, Glück für dich. Damit folgt einen Monat vor dem gewünschten Beginn der Teilzeit automatisch die »Zustimmungsfiktion« (TzBfG § 8 Abs. 5).