Pro/Contra

Für 24-Stunden-Dienste?

15.03.2021
Eckhard Abel ist Notfallsanitäter und Gesamtbetriebsratsvorsitzender der Falck Rettungsdienst GmbH.

PRO

»Aus meinem persönlichen Erleben kann ich sagen, dass 24-Stunden-Schichten in manchen Lebenssituationen besser sind. Ich war alleinerziehend und hätte es ohne dieses Modell gar nicht geschafft, Vollzeit zu arbeiten. Auch sonst gibt es einige Vorteile. Viele Kolleg*innen wohnen weiter weg und sparen sich Fahrt- und damit Lebenszeit, wenn sie seltener auf die Rettungswache müssen. Nach den langen Schichten mehrere Tage frei zu haben, gibt einem die Möglichkeit, den Kopf mal ganz frei zu bekommen und gar nicht an die Arbeit zu denken. Die Kolleg*innen empfinden das ganz unterschiedlich. Das hat sicher auch mit dem Alter zu tun: Viele Jüngere finden 24-Stunden-Schichten gut, den Älteren sind sie oft zu anstrengend.

Bei uns gibt es 24-Stunden-Schichten nur, wenn die Auslastung unter 33 Prozent liegt. Gerade in großen Städten ist das zum Teil nicht der Fall. Zudem muss man sich jederzeit freiwillig dafür oder dagegen entscheiden können. Und es braucht eine Gefährdungsbeurteilung für die betreffenden Arbeitsplätze, um die Belastung in den Blick zu nehmen. Unter diesen Bedingungen finde ich, dass die ver.di-Tarifkommissionen 24-Stunden-Dienste ermöglichen sollten – wenn die von ihnen vertretenen Kolleginnen und Kollegen das wollen.«

Eckhard Abel ist Notfallsanitäter und Gesamtbetriebsratsvorsitzender der Falck Rettungsdienst GmbH.

 


 
Norbert Wunder ist Vorsitzender der ver.di-Bundesfachkommission Rettungsdienst und Leiter der Rettungswache in Elmshorn.

 CONTRA

»Auch ich habe Erfahrungen mit 24-Stunden-Diensten gemacht und kenne die Beweggründe einiger Kollegen*innen, die das befürworten. Dennoch sehe ich dieses Arbeitszeitmodell kritisch. Eine 24-Stunden-Schicht bedeutet, dass ich im Zweifel 24 Stunden am Stück wach bleiben muss – der Weg zur Wache oder die Überstunde durch den Notfall in der 23. Stunde noch nicht mitgerechnet. Die Wirkung ist so, als hätte man 1,2 Promille Blutalkohol. Das ist schlicht gefährlich.

Zahl und Länge der Rettungseinsätze haben deutlich zugenommen. Und was wir währenddessen leisten müssen, erfordert volle Konzentration. Deshalb müssen und wollen wir dringend weg von der überlangen Wochenarbeitszeit. Belastungen senken, nicht steigern – das ist das Ziel. Hinzu kommen arbeits- und haftungsrechtliche Bedenken gegen 24-Stunden-Dienste. Vor allem aber sind sie das komplett falsche Signal. Die Zeiten der langen Ruhezeiten im Rettungsdienst sind längst vorbei.

Trotz der Corona-Pandemie wird der Abbau von Versorgungsstrukturen wohl weitergehen. Die Einsätze werden dadurch noch länger werden. Auch deshalb sind 24-Stunden-Dienste nicht zu verantworten. Meine Vision stattdessen: Runter mit der Arbeitszeit, maximal eine Vier-Tage-Woche für alle!«

Norbert Wunder ist Vorsitzender der ver.di-Bundesfachkommission Rettungsdienst und Leiter der Rettungswache in Elmshorn.

 

Weiterlesen

1/12

Die gesamte Zeitung als PDF zum Download.

Alle Ausgaben als PDF: Das drei-Archiv.

Newsletter

Immer auf dem aktuellen Stand: Der Newsletter des Fachbereichs Gesundheit und Soziale Dienste.