Versprochen. Gebrochen. Lehren ziehen! Unter diesem Motto haben Beschäftigte aus Gesundheits- und Sozialeinrichtungen zuletzt bei der Gesundheitsministerkonferenz protestiert. Sie kritisierten, dass die verantwortlichen Politiker*innen – allen voran der bisherige Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) – viele Verbesserungen versprochen, aber wenige davon umgesetzt haben. Das muss sich schleunigst ändern. Die neue Bundesregierung muss die notwendigen Lehren aus den Erfahrungen in der Corona-Pandemie ziehen. Dazu gehören bedarfsgerechte Personalvorgaben und eine auskömmliche Finanzierung aller Bereiche des Gesundheits- und Sozialwesens.
Für die Krankenhauspflege liegt seit vielen Monaten die PPR 2.0 auf dem Tisch. Das von ver.di gemeinsam mit dem Deutschen Pflegerat und der Deutschen Krankenhausgesellschaft vorgelegte Konzept für eine bedarfsgerechte Personalbemessung ist unbürokratisch und sofort einsetzbar. Es in Kraft zu setzen, sollte eine der ersten Maßnahmen der neuen Regierung sein. Zudem sollte sie die Entwicklung eines wissenschaftlich fundierten Personalbemessungsinstruments und bedarfsorientierte Personalvorgaben für alle Krankenhausbereiche auf den Weg bringen.
In der frühkindlichen Bildung, der Sozialen Arbeit und in anderen Bereichen sind ebenfalls Vorgaben zur Personalausstattung nötig, die den tatsächlichen Bedarf abbilden. So auch in der Altenpflege. Hier gilt es zudem, eine flächendeckend gute Bezahlung durchzusetzen, die sich nach relevanten Flächentarifverträgen wie dem TVöD richtet. Nach den bisherigen Regierungsbeschlüssen ist das nicht garantiert.
Damit die dafür nötigen Kostensteigerungen nicht zulasten der pflegebedürftigen Menschen gehen, müssen die Eigenbeiträge der Pflegeheimbewohner*innen ab dem ersten Tag gedeckelt und perspektivisch auf null gesenkt werden. Nötig ist ein Systemwechsel hin zu einer Solidarischen Pflegegarantie, bei der alle Einkommensarten in die Finanzierung einbezogen und sämtliche pflegebedingte Kosten übernommen werden.
Die Kommerzialisierung muss in allen Bereichen des Gesundheitswesens zurückgedrängt werden. Für die Krankenhäuser heißt das: Weg mit dem Finanzierungssystem der Fallpauschalen (Diagnosis Related Groups, DRG), stattdessen bedarfsgerechte Finanzierung, inklusive der vollen Übernahme der Investitionskosten durch die Länder. Gesundheit darf nicht der Profitmaximierung dienen. Tarifdumping durch Ausgliederungen und Fremdvergaben muss ein Riegel vorgeschoben werden.
»Es rettet uns kein höheres Wesen, das müssen wir schon selber tun – diese alte Regel gilt auch aktuell. Nur wenn wir selber für bessere Arbeitsbedingungen und höhere Einkommen aktiv werden, wird es auch Veränderungen geben. Diese Veränderungen müssen auch gegen die Arbeitgeber durchgesetzt werden. Alleine auf gesetzliche Regelungen zu hoffen, schafft noch keine bessere Situation. In den Unikliniken und den Landespsychiatrien können wir dafür in der Tarifrunde der Länderbeschäftigten in den nächsten Wochen schon erste Zeichen in setzen.«
Martin Koerbel-Landwehr, Personalratsvorsitzender im Uniklinikum Düsseldorf und Vorsitzender des ver.di-Fachbereichs Gesundheit und Soziales in NRW
»Die Augen der Gesundheitsbeschäftigten sind derzeit auf Berlin gerichtet. Wir hoffen, dass die solidarische Kraft, die bei Charité, Vivantes und Tochterunternehmen sichtbar wird, uns bundesweit einen Schub gibt. Die Berliner Kolleg*innen zeigen, wie sich die Arbeitgeber und politisch Verantwortlichen zum Handeln bewegen lassen: mit Druck, Aktionen, Streiks. Und zwar alle Berufsgruppen gemeinsam. So kann es auch im ganzen Land gehen – unabhängig davon, welche Parteien die nächste Regierungskoalition stellen.«
Jana Langer, Fachkrankenschwester im OP und ver.di-Aktivistin am Uniklinikum Ulm