Fotoaktion von Kolleg*innen am Uniklinikum Ulm zeigt: Im Krankenhaus werden alle Berufsgruppen gebraucht
Ob sie an der Pforte den Weg zur Station weisen, Betten frisch beziehen, Instrumente reinigen, Mahlzeiten zubereiten, Laborproben untersuchen, Reparaturen erledigen, oder, oder, oder. Fest steht: Im Krankenhaus werden alle Hände gebraucht. Mit einer Fotoaktion wollen ver.di-Aktive am Universitätsklinikum Ulm diese Botschaft in den Fokus rücken: »Viele Hände, ein Team«, so der Titel. Ziel sei es, die Solidarität zu stärken, betont OP-Pflegerin und Personalrätin Jana Langer. »Die Fotos sollen zeigen, was jeder einzelne für eine wichtige Arbeit leistet.«
Arbeit sichtbar machen
Auslöser für die Aktion war die Corona-Prämie: Wer hat eine Belohnung verdient? Und wer nicht? Diese Frage habe zu einer Spaltung geführt, berichtet Franziska Aurich von der Jugend- und Auszubildendenvertretung (JAV), »und extrem viel Unmut geschürt.« Mit der Aktion wollen der Personalrat, die JAV und die ver.di-Betriebsgruppe den Gemeinschaftsgedanken in den Mittelpunkt stellen: »Wir alle haben gerade in der Pandemie so viel zusammen erreicht«, betont Franziska Aurich. »Egal, was ein Bundesgesundheitsminister denkt, festlegen zu müssen.« So bauten beispielsweise die Handwerker in Windeseile überall Plastikwände auf, Techniker kümmerten sich um die Medizingeräte, Klinikassistentinnen besorgten Masken und Schutzkittel – und so weiter. »Ohne sie wären wir aufgeschmissen.« Wer sorgt dafür, dass die Post an ihren richtigen Ort kommt? Wer füllt das Material in den Schränken auf? »Das Krankenhaus funktioniert, aber kaum jemand macht sich Gedanken, welche Arbeiten dazu gehören«, meint Agnes Wanner von der ver.di-Betriebsgruppe. »Viele Kolleginnen und Kollegen sitzen irgendwo in einem dunklen Raum und verschwinden in der Menge.« Durch die Fotoaktion soll ihre Arbeit sichtbar werden.
Gemeinsam mit ihrer Kollegin Janine Bevab planten die ver.di-Aktiven die Fotoaktion, holten sich das Okay von der Geschäftsleitung und schrieben alle Abteilungen an. Innerhalb kürzester Zeit meldeten sich viele Kolleg*innen und wollten mitmachen. So fotografierten die Gewerkschafterinnen beispielsweise einen Pflegehelfer, der auf der Kinderintensivstation die Behandlungsgeräte aufbereitet. Eine Krankenschwester beobachtete das Shooting durch die offene Tür und verkündete danach: »Ich wusste gar nicht, wie viel Arbeit das ist.« – »Ziel erreicht«, freut sich Jana Langer. Ein andermal besuchten sie die Virologie. Dort kommt normalerweise niemand rein, alle geben ihre Proben am Fenster am Eingang ab. Im Labor waren die Personalrätinnen fasziniert von den feinen, diffizilen Handgriffen der Kolleg*innen.
Allerdings fügt Agnes Wanner hinzu, dass viele Kolleg*innen auch abwinken: Keine Zeit. »Der Druck auf der Arbeit ist enorm«, meint die Gewerkschafterin. »Alle sind so gestresst, dass sie keine zehn Minuten für ein paar Fotos aufbringen können.« Auf ihrer eigenen Station, der Chirurgie, habe sie es selber noch nicht geschafft. Die Aktiven widmen sich dem Projekt komplett in ihrer Freizeit. »Das ist viel Arbeit«, so Agnes Wanner, »aber auch total spannend.«
Insgesamt arbeiten im Klinikum rund 6.000 Beschäftige. Etwa 800 Fotos haben die Gewerkschafterinnen schon gemacht – und es werden ständig mehr. »Ich bin begeistert, dass so viele mitmachen«, sagt Jana Langer. Als nächstes besucht die Personalrätin eine Kollegin aus der Sportmedizin, die Patient*innen auf große Operationen vorbereitet. »Darauf bin ich schon sehr gespannt.« Die Kontakte nutzen die Aktiven für Gespräche. Nächstes Jahr steht eine Tarifrunde im Klinikum an. »Das wird eine harte Auseinandersetzung«, meint die Gewerkschafterin. Auch deshalb sei es wichtig, klar zu machen: »Wir müssen zusammenhalten.« Nur gemeinsam ließen sich bessere Arbeitsbedingungen durchsetzen – und ganz konkret Wertschätzung für den Einsatz aller Beschäftigten einfordern. Statt sich spalten zu lassen, gelte: »Zusammen sind wir stark.«
Das Uniklinikum Freiburg hat seine Servicebeschäftigten als einziges der baden-württembergischen Unikliniken nicht ausgegliedert. Um die Klinikleitung 2005 zum Verzicht auf Outsourcing zu bewegen, schloss ver.di einen abgesenkten Tarifvertrag für den Servicebereich ab. »Es ist gut und absolut richtig, dass wir Teil der Gesamtbelegschaft sind«, findet Beate Großklaus, die in der Zentralwäscherei arbeitet und sich in der ver.di-Tarifkommission engagiert. Die abgesenkten Entgelte sind ihr und ihren Kolleg*innen allerdings ein Dorn im Auge. »Nicht zuletzt die Corona-Pandemie hat gezeigt, welch wichtige und qualifizierte Arbeit wir leisten. Deshalb wollen wir zurück in den Tarifvertrag der Unikliniken.« Anfang kommenden Jahres beginnen die Verhandlungen. Bis dahin gilt es, Durchsetzungskraft aufzubauen.