Streiks an Kliniken und Hochschulen

09.12.2022

15.000 Beschäftigte aus 15 Kliniken streiken im US-Bundesstaat Minnesota. Auch an Krankenhäusern und Universitäten in Großbritannien werden Arbeitsniederlegungen vorbereitet.

MINNESOTA / USA

Größter US-Klinikstreik

Rund 15.000 Beschäftigte aus 15 Krankenhäusern im US-Bundesstaat Minnesota haben im September drei Tage lang gestreikt – eine der größten Arbeitsniederlegung in privaten Kliniken der US-Geschichte. Und das könnte sich wiederholen: Die Gewerkschaft der Pflegekräfte, Minnesota Nurses Association, hat Ende November eine Urabstimmung über einen weiteren Streik eingeleitet, weil sich die Arbeitgeber bei den Tarifverhandlungen seither nicht bewegt haben. Die Beschäftigten fordern neben höheren Löhnen Einfluss auf die Personalbesetzung. In jeder Klinik soll ein paritätisches Gremium aus Arbeitgebern und Beschäftigten über Personalvorgaben entscheiden. Zudem dürfe es keine Maßregelungen geben, wenn Beschäftigte darauf hinweisen, dass ihre Schicht unzureichend besetzt ist.

Auch in den USA hat sich die Personalnot in Krankenhäusern im Zuge der Corona-Pandemie weiter verschärft. Im Gesundheitswesen arbeiten heute rund 37.000 Beschäftigte weniger als vor Ausbruch der Pandemie im Februar 2020. Die Gewerkschaft betont allerdings, es gebe in Minnesota keinen Mangel an Pflegekräften. Vielmehr würden sie durch miserable Arbeitsbedingungen vom Patientenbett vertrieben. Das belege auch eine aktuelle Befragung von Pflegepersonen, die ihren Job verlassen haben. Jede zweite Pflegekraft denke darüber nach, ihren Beruf innerhalb des nächsten Jahres aufzugeben.

Um die Berufsflucht zu stoppen, wollen die Klinikbeschäftigten in Minnesota neben besseren Arbeitsbedingungen auch höhere Löhne durchsetzen. Angesichts der hohen Inflation fordern sie Entgelterhöhungen von insgesamt 30 Prozent in drei Jahren. Die Arbeitgeber haben bislang zehn bis zwölf Prozent angeboten und bezeichnen die Gewerkschaftsforderung als »unrealistisch und nicht finanzierbar«. Die Gewerkschaft verweist hingegen auf die hohen Gehälter der Klinikmanager, die bis zu 40 Mal so hoch liegen wie die Bezahlung einer durchschnittlichen Pflegekraft.

 

GROßBRITTANIEN

Streik für 16 Prozent

Nach den abenteuerlichen Plänen für Steuersenkungen durch die Kurzzeit-Premierministerin Liz Truss droht in Großbritannien eine tiefe Rezession. Diese und die historisch hohe Inflationsrate von über elf Prozent könne »zum größten Rückgang der Haushaltseinkommen seit Generationen« führen, warnte kürzlich der Direktor des Wirtschaftsforschungsinstituts IFS, Paul Johnson. Besonders hart trifft das die Beschäftigten des staatlichen Gesundheitswesens NHS, deren Kaufkraft schon seit Jahren sinkt. Laut einer Studie der London School of Economics fiel das Realeinkommen der Gesundheitsbeschäftigten in Schottland binnen zehn Jahren um insgesamt 16 Prozent, in England, Wales und Nordirland sogar um 20 Prozent. »Infolge eingefrorener Löhne und von Lohnerhöhungen unter einem Prozent haben Pflegekräfte und andere Beschäftigte des öffentlichen Dienstes Jahr für Jahr eine allmähliche Erosion ihrer Einkommen erlebt«, bilanzierte Studienautor Gavan Conlon.

Die Gewerkschaften ziehen daraus die Konsequenz und fordern deutlich höhere Löhne. So ruft das Royal College of Nursing (RCN) erstmals in seiner 106-jährigen Geschichte zum Arbeitskampf auf. Die Organisation von Pflegekräften fordert rund 16 Prozent mehr Geld, um aktuelle und vergangene Preissteigerungen auszugleichen. »Aus Wut wird Aktion – unsere Mitglieder sagen: Genug ist genug«, so die RCN-Generalsekretärin Pat Cullen. Neben Pflegekräften bereiten auch Physiotherapeut*innen, Hebammen, Medizinisch-Technische Assistent*innen, Notfallsanitäter*innen und Reinigungskräfte Arbeitsniederlegungen vor. Die Gewerkschaften Unison, GMB und Unite führen ebenfalls Urabstimmungen durch.

Aufgrund jahrzehntelanger Vernachlässigung ist das öffentliche Gesundheitssystem NHS am Boden. Eine Rekordzahl von 7,1 Millionen Menschen wartet auf Behandlungen. Zugleich haben allein im vergangenen Jahr 25.000 Pflegekräfte das NHS verlassen. »Die Schuld an der Krise trägt alleine Ihre Regierung«, erklärte die Unite-Generalsekretärin Sharon Graham in einem Brief an Premierminister Rishi Sunak. »Die Beschäftigten des NHS kämpfen nicht nur für gerechte Bezahlung, sondern auch für ein angemessen finanziertes Gesundheitswesen.«

 

GROßBRITTANIEN

Uni-Beschäftigte streiken

Die britische Gewerkschaft Unison hat administrativ-technische Beschäftigte an insgesamt 19 Hochschulen Ende November zum Streik für höhere Löhne aufgerufen. Die Inflation liege derzeit mit 11,1 Prozent um ein Vielfaches über dem Arbeitgeberangebot von drei Prozent, so die Begründung. »Niedriglöhne sind ein massives und wachsendes Problem an den Universitäten«, kritisierte Mike Short vom Unison-Vorstand. Beschäftigte in Verwaltung, Reinigung, Bibliotheken, Mensen und in der Security wollen unter anderem in Aberdeen, Brighton, Bristol, Edginburgh, Glasgow, Leeds, Liverpool und Manchester die Arbeit niederlegen.

 

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