von Daniel Behruzi
Jetzt melden sich die Beschäftigten zu Wort. Rund 1,8 Millionen Menschen arbeiten für die großen christlichen Kirchen und ihre Wohlfahrtsverbände Caritas und Diakonie. Auch im Jahr 2023 werden ihnen noch grundlegende Arbeitnehmerrechte vorenthalten. »Mit diesem Anachronismus muss endlich Schluss sein. Die Beschäftigten von Kirchen, Diakonie und Caritas fordern gleiche Rechte«, erklärt Daniel Wenk, der gemeinsam mit anderen ver.di-Aktiven eine groß angelegte Unterschriftenaktion auf den Weg gebracht hat. Bereits in den ersten drei Wochen haben rund 4.000 Menschen unterzeichnet. Und es sollen noch viele mehr werden.
»Wir appellieren nicht an die Kirchen, endlich im 21. Jahrhundert anzukommen«, erläutert Wenk, der sich im Evangelischen Sozialwerk Müllheim als Mitarbeitervertreter engagiert. »Vielmehr fordern wir den staatlichen Gesetzgeber auf, die kirchlichen Sonderregeln im Arbeitsrecht abzuschaffen.« Diese bestehen unter anderem auf zwei Ebenen: Zum einen ist der Schutz vor Diskriminierung eingeschränkt, weil das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) den Kirchen Sonderregeln einräumt. Zum anderen bestehen in der betrieblichen Mitbestimmung Nachteile, weil das Betriebsverfassungsgesetz in kirchlichen Einrichtungen nicht greift.
»Wir alle versuchen, unseren Beruf mit Herz und Empathie auszuüben«, betont Sarah Bader, die als Erzieherin beim Diakonischen Werk Leipzig gearbeitet hat und jetzt bei einem kommunalen Träger ist. »Da ist es völlig egal, wen wir lieben, welche Familienform wir wählen oder ob wir an die Dogmen der Kirche glauben.« Dennoch können Kirchenbeschäftigte gekündigt werden, wenn diese zum Beispiel aus der Kirche austreten. Bei der Diakonie in Württemberg müssen Kolleg*innen Kirchenmitglied sein, wenn sie sich in der Mitarbeitervertretung engagieren wollen.
Statt des Betriebsverfassungsgesetzes gelten in kirchlichen Einrichtungen eigene Mitbestimmungsrechte, die schwerer durchsetzbar sind. Deren Mitarbeitervertretungen haben geringere Ressourcen als Betriebs- und Personalräte. Zudem werden Gewerkschaften im Kirchenrecht ausgegrenzt, was die Interessenvertretung schwächt. »Auch wir wollen an der Gestaltung unserer Arbeitsbedingungen demokratisch mitwirken – mit denselben Möglichkeiten wie in privaten Unternehmen«, fordert die Mitarbeitervertreterin Edda Busse aus dem Johanniter-Krankenhaus Stendal. »Ich will einfach nicht mehr von der Kirche fremdbestimmt werden.«
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