von Daniel Behruzi
Die Erzieherin Melanie Mallon hat ein Schild gemalt. »Es reicht, macht die Augen auf«, steht darauf. Und: »Was ihr wollt, ist so nicht zu schaffen.« Gemeinsam mit einigen Dutzend Kolleg*innen steht sie am 16. November vor dem niedersächsischen Landtag. Jeden Donnerstag finden hier unter dem Motto »Es donnert in den Kitas« Mahnwachen statt. »Wir wollen den Politikern klarmachen, dass es so nicht weitergeht«, erklärt die Erzieherin, die in einem AWO-Kindergarten in Hannover arbeitet.
»Wir haben so viele Aufgaben – Sprachstandserhebung, Partizipation, Kinderrechte vermitteln, Entwicklungsgespräche mit den Eltern führen und vieles mehr und alles, alles dokumentieren – doch dafür haben wir viel zu wenig Personal.«
Sie komme oft auch nach der Arbeit nicht zur Ruhe, berichtet Melanie Mallon. »Man macht sich Gedanken: Kann morgen der geplante Ausflug, das Projekt stattfinden? Oder muss es ausfallen, weil zu wenige Beschäftigte da sind?« Die Enttäuschung der Kinder ist dann schwer auszuhalten.
Am gleichen Tag, 150 Kilometer weiter nördlich. Kita-Beschäftigte in gelben ver.di-Westen stehen in Hamburg an der Schleusenbrücke, direkt neben dem Rathaus der Hansestadt. Eine von ihnen ist Zeynep Bayram, die beim Kita-Träger Elbkinder arbeitet. »Wir wollen öffentlich auf die Missstände hinweisen, damit die Politik endlich etwas tut«, sagt die Erzieherin. Sie habe den Beruf gewählt, um Kinder zu fördern, professionell und individuell. Doch die Realität sei eine andere. »Man ist froh, wenn man den Tag heil übersteht, vieles bleibt auf der Strecke.« Etliche Kolleginnen hätten ihre Arbeitszeit reduziert, weil sie den Arbeitsdruck nicht mehr aushielten. Andere haben ihren Beruf ganz aufgegeben. Auch für die Eltern seien die Zustände eine Katastrophe, findet Zeynep Bayram. »Sie brauchen eine verlässliche Betreuung. Wenn sie kurzfristig erfahren, dass die Gruppe wegen Personalmangel geschlossen werden muss oder die Kita früher schließt, wissen viele nicht, was sie machen sollen.«
ver.di fordert Kita-Gipfel
Um auf diese Situation aufmerksam zu machen, kommen Erzieher*innen seit Mitte Oktober in vielen Städten donnerstags unter dem Motto »SOS Kita« zu Mahnwachen zusammen. Sie fordern unter anderem einen großen Kita-Gipfel, um die Verantwortlichen in Bund und Ländern in die Pflicht zu nehmen. Die Erzieherausbildung müsse ausgebaut, die Arbeitsbedingungen attraktiver werden. Dafür wollen Melanie Mallon, Zeynep Bayram und viele andere weiter auf die Straße gehen und Alarm schlagen.