von Franziska Aurich
Welche Tätigkeiten sollen hochschulisch ausgebildete Pflegefachpersonen in der betrieblichen Praxis übernehmen? Eine im Rahmen der »Ausbildungsoffensive Pflege« gebildete Arbeitsgruppe hat hierzu Empfehlungen vorgelegt. Diese tragen wir als ver.di nicht mit. Denn die Vorschläge bedeuten keine nachhaltige Professionalisierung, sondern befördern die Spaltung der Profession und könnten zur Abwertung beruflich ausgebildeter Fachkräfte führen.
Die Arbeitsgruppe empfiehlt, hochschulisch Ausgebildeten sogenannte hochkomplexe Tätigkeiten zuzuschreiben. Das bedeutet in der Konsequenz, beruflich qualifizierte Kolleg*innen davon perspektivisch auszuschließen. Dabei macht die Unterscheidung zwischen komplex und hochkomplex in der Praxis wenig Sinn. Vor allem: Wer erbringt denn jetzt diese hochkomplexen Tätigkeiten? Das sind die examinierten Fachkräfte, und zwar auf hochwertigem Niveau.
Qualitätsprobleme gibt es nicht wegen unzureichender Qualifikation, sondern weil es an Personal und Zeit fehlt. Bedarfsgerechte Personalausstattung, Entlastung und eine angemessene Bezahlung – das sind die Stellschrauben zur Verbesserung der Pflegequalität. Eine gute Einführung hochschulisch qualifizierter Kolleg*innen kann helfen. Sie müssen aber ein klar abgegrenztes Aufgabenprofil haben und im Stellenschlüssel entsprechend abgebildet sein.
Die entscheidende Frage ist doch: Was ist aus Sicht der Patient*innen das Beste? Sicher nicht, die Pflege zu taylorisieren. Wenn Planung, Durchführung und Evaluation von unterschiedlich qualifizierten Pflegepersonen erbracht werden, schadet das sowohl der Versorgungsqualität als auch der Attraktivität der Berufe. Eine ganzheitliche, patientenorientierte Pflege führt zu den besten Ergebnissen. Und ein gutes Miteinander hochschulisch und beruflich ausgebildeter Fachkräfte.
Ohne Frage: Wir brauchen mehr wissenschaftliche Evidenz in Pflege und Medizin. Nur ein kleiner Teil der Interventionen ist tatsächlich evidenzbasiert. Hier braucht es Forschung, die aber nicht losgelöst von der Praxis stattfinden kann. Wenn hochschulisch ausgebildete Pflegefachpersonen neue wissenschaftliche Erkenntnisse in die Pflegeteams tragen und ihre praktischen Erfahrungen wiederum wissenschaftlich nutzbar machen, ist das in beide Richtungen ein großer Gewinn. Auch beruflich ausgebildete Pflegepersonen sollten die Möglichkeit haben, sich wissenschaftlich weiterzuqualifizieren.
Die berufsfachliche Ausbildung mit ihrer engen Anbindung an den Betrieb, mit ihrer Verzahnung von Theorie und Praxis ist ein Erfolgsmodell. Wir streiten für bessere Ausbildungs- und Arbeitsbedingungen, ob in der beruflichen Ausbildung oder im Studium. Und für die Aufwertung der Pflege, nicht nur eines kleinen Teils. Denn Pflege funktioniert im Team.
Hier gibt es noch mehr Infos zur Reform der Pflegeausbildung.