» … das der Weg ist, auf Europa Einfluss zu nehmen. Alle sollten ihr Wahlrecht in Anspruch nehmen, denn die Entscheidungen in Brüssel sind überall von Bedeutung. Positiv ist das zum Beispiel beim Thema Tarifbindung. Laut EU-Mindestlohnrichtlinie sollen die Staaten sicherstellen, dass für mehr als 80 Prozent der Beschäftigten Tarifverträge gelten. In Deutschland sind es gerade mal 51 Prozent. Das muss sich dringend ändern, damit Beschäftigte auch in Branchen, die gewerkschaftlich nicht leicht zu organisieren sind, unter guten Bedingungen arbeiten. Wie zum Beispiel in der Altenpflege. Die in der Branche nun geltende Tariflohnpflicht hört sich gut an, führt aber nicht zu mehr Tarifbindung. Gut, dass die EU in dieser Frage Druck macht.«
Nicole Meyer ist Pflegefachkraft und Vorsitzende des Europäischen Betriebsrats beim Pflegekonzern Orpea.
» … ich die Demokratie in Europa stärken will. Die Entwicklungen in Ungarn und anderen Ländern zeigen, wie nötig das ist. Auch wenn die Möglichkeiten des Europaparlaments eingeschränkt sind, kann es doch Einfluss nehmen. Meinungsfreiheit, Menschenrechte, soziale Sicherheit – diese Werte muss die EU nach innen und außen vertreten. Dazu gehört eine humane Flüchtlingspolitik. Menschen, die aus ihrer Heimat fliehen mussten, brauchen eine Chance auf Teilhabe. Wir erleben in unserer Arbeit mit geflüchteten Menschen, dass die meisten sehr engagiert sind, Bildung erwerben und auf eigenen Füßen stehen wollen. Sprachkurse und Förderung zahlen sich aus. Fatal wäre es, sozial benachteiligte Deutsche und Migrant*innen gegeneinander auszuspielen. Das würde allen schaden. Unsere Alternative: Solidarität!«
Peter Guni arbeitet als Sozialpädagoge bei der AWO Südhessen im Bereich Betreutes Wohnen.
» … in der EU viele Entscheidungen getroffen werden, die sich auf die Forschung hierzulande unmittelbar auswirken. Wissenschaft findet nicht auf einer Insel statt, sondern lebt vom Austausch, in Europa und weltweit. Diesen Austausch zu fördern und gute Rahmenbedingungen zu schaffen, ist unter anderem auch Aufgabe der europäischen Politik. Bei den Arbeitsbedingungen ist in Deutschland noch viel Luft nach oben. Andere Länder zeigen uns, dass es auch anders geht. Grundsätzlich sehe ich die Gefahr, dass die Forschung zu stark limitiert wird, um kurzfristig zu sparen. Diese Rechnung geht nicht auf. Besonders ›verlockend‹ ist das Sparen bei der Grundlagenforschung, denn es ist nie klar, ob und wann ein Benefit entsteht. Wissenschaft ist aber äußerst wichtig für den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Fortschritt.«
Ruth Rudolph arbeitet als Verwaltungsangestellte in der außeruniversitären Forschungseinrichtung Deutsches Elektronen-Synchrotron (DESY) in Hamburg.
» … es in Europa mehr Einheitlichkeit braucht, auch und gerade im Gesundheitswesen. Wir sollten uns an den besten Standards orientieren. In manchen anderen europäischen Ländern müssen Bewohnerinnen und Bewohner für den Platz im Pflegeheim nicht hohe Zuzahlungen leisten, weil die Kosten über Versicherung bzw. Steuern voll abgedeckt sind. Das sollte auch hier so sein. Denn die Eigenbeiträge überfordern viele Menschen. Es braucht eine ausreichende Finanzierung, damit genug Personal für eine gute Pflege eingesetzt werden kann. In ganz Europa!«
Frank Nagengast ist Pflegefachkraft und Betriebsrat bei der AWO Oberbayern.