Verloren ohne Anleitung

Die Vorgaben zur Praxisanleitung in der OTA/ATA-Ausbildung werden allzu oft nicht eingehalten. Es lohnt sich, im Betrieb dagegen aktiv zu werden.
19.03.2024

Gemeinsame Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung – all das gehört zu einer strukturierten Praxisanleitung in der Operations- und Anästhesietechnischen Assistenz (OTA/ATA). Diese soll laut neuem Gesetz mindestens 10 bzw. 15 Prozent der praktischen Ausbildungszeit ausmachen. Doch die Realität sieht vielerorts anders aus. »Gerade für eine gemeinsame Vor- und Nachbereitung ist oft überhaupt keine Zeit«, berichtet Magda Müller*, die kürzlich ihre OTA-Ausbildung an der Uniklinik Ulm abgeschlossen hat. »Und manchmal gibt es überhaupt keine strukturierte Anleitung, weil der Praxisanleiter in einem anderen Saal oder für eine andere Schicht eingeteilt ist. Manchmal gibt es auch gar keinen qualifizierten Anleiter.«

Die vorgeschriebenen Anleitungsstunden würden dann trotzdem ins Heft geschrieben, berichtet die 25-Jährige, die das lieber nicht namentlich erzählt. Andernfalls bekämen Auszubildende Probleme, wenn sich diese zur Abschlussprüfung anmelden. Es gebe zwar auch Anleitung durch die anderen Kolleg*innen, »eine feste Bezugsperson, die weiß, wo man in der Ausbildung steht, ist aber wichtig«, findet die Operationstechnische Assistentin. »Wenn einem die Aufgaben nicht richtig erklärt werden, fühlt man sich verloren. Das ist nicht gut.«

Martin Lehmann* hat seine Ausbildung zum Anästhesietechnischen Assistenten an einem Krankenhaus im Ruhrgebiet begonnen, als es noch kein bundesweit einheitliches OTA/ATA-Gesetz gab. »Damals hatten wir für zehn ATA-Auszubildende einen einzigen Praxisanleiter. Die gesetzlichen Vorgaben, die ab 2022 galten, waren so nicht zu erfüllen«, erinnert er sich. Die Jugend- und Auszubildendenvertretung (JAV) und der Betriebsrat machten auf das Problem aufmerksam. Nach Gesprächen mit Geschäftsführung und Schulleitung wurden Maßnahmen ergriffen: Die Klinik richtete eine Stelle für zentrale Praxisanleitung in der ATA- und OTA-Ausbildung ein, zwei neue OP-Pfleger*innen bildeten sich zur Praxisanleitung fort. »Seither läuft es sehr gut«, berichtet das JAV-Mitglied. »Das zeigt: Wir können die Ausbildungsbedingungen verbessern, wenn wir sie im Betrieb zum Thema machen.« Das sei für die Auszubildenden ebenso wichtig wie für die Behandlungsqualität. »Wir müssen das, was wir im theoretischen Teil lernen, auch in der Praxis umsetzen können. Dafür braucht es ausreichende, strukturierte Anleitung.«          

* Namen geändert

 
Lilo Huber hat ihre Ausbildung zur Anästhesie- technischen Assistentin an einer großen Münchner Klinik vor Inkrafttreten des Gesetzes abgeschlossen

»Als ich meine ATA-Ausbildung gemacht habe, gab es noch kein einheitliches Ausbildungsgesetz. Lediglich eine Richtlinie der Krankenhausgesellschaft enthielt Vorgaben zur Praxisanleitung. Diese wurden aber kaum eingehalten. Wir hatten bis zu fünf Auszubildende pro Schicht bei einer Praxisanleitung – viel zu wenig. Die Klinik sah sich nicht in der Verantwortung. Wir drängten als Jugend- und Auszubildendenvertretung darauf, dass alle Auszubildenden eine strukturierte Anleitung erhalten. Die Klinikleitung sperrte sich, mit Verweis auf die fehlende gesetzliche Grundlage. Die gibt es jetzt. Das heißt nicht, dass es nun überall gute Praxisanleitung gibt. Wir müssen sie selbst im Betrieb durchsetzen.«

Lilo Huber hat ihre Ausbildung zur Anästhesie-technischen Assistentin an einer großen Münchner Klinik vor Inkrafttreten des Gesetzes abgeschlossen.

 

 

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