Pflege-Assistenzausbildung?

Die Regierung plant ein bundesweit einheitliches Berufsgesetz für Pflegeassistenz – ein sinnvoller Schritt? Pro/Contra in der mittendrin Nr.7.
19.03.2024
Elke Heitmann, Fachbereichsleitung Gesundheits- und Krankenpflegehilfe an der Universitätsmedizin Mannheim

"Ja, eindeutig. Dann werden Ausbildungsinhalte bundesweit festgelegt und hängen nicht mehr so stark von den Interessen einzelner Arbeitgeber ab. Manche von ihnen setzen Auszubildende vor allem als Arbeitskräfte ein.

Unsere Auszubildenden machen einen tollen Job und verdienen Anerkennung und Wertschätzung. Aktuell ist die Ausbildung nicht tariflich geregelt, tarifbezogene Zuschläge werden nicht ausgezahlt. Eine bundeseinheitliche Regelung würde die Tarifierung vereinfachen.

Für viele ist der Einstieg in die dreijährige Ausbildung wegen ihrer Bildungsvoraussetzungen, sprachlicher Defizite oder persönlicher Lebensumstände nicht möglich. Ihnen bietet die Assistenzausbildung eine Berufsperspektive. Als Fachbereichsleitung bin ich seit vielen Jahren für die Ausbildung in der Gesundheits- und Krankenpflegehilfe verantwortlich. Wir bilden hier natürlich mit dem Ziel aus, die Kolleginnen und Kollegen für die dreijährige Berufsausbildung zu qualifizieren. Das funktioniert teilweise sehr gut. Ein Viertel der sogenannten GKPHler verbleibt aber zunächst in der Praxis und findet dort eine Arbeit, die sie mit Herzblut, Händen und einer guten theoretischen Grundlage ausführen, um dann eventuell zu einem späteren Zeitpunkt in die dreijährige Ausbildung einzusteigen."

Elke Heitmann, Fachbereichsleitung Gesundheits- und Krankenpflegehilfe an der Universitätsmedizin Mannheim

 

 
Berit Ameskamp, Notfallsanitäterin und Mitglied des ver.di-Bundesfachbereichsjugendvorstandes

"Ich sehe die Pflegeassistenzausbildung kritisch. Dem Fachkräftemangel mit weniger Qualifikation zu begegnen, ist der falsche Weg. Der Pflegeberuf ist anspruchsvoll. Je mehr Unterstützungsbedarf die Menschen haben, desto mehr Expertise müssen die Pflegepersonen haben. In unserer älter und kränker werdenden Gesellschaft brauchen wir vor allem eins: mehr Pflegefachpersonal.

Wenn Menschen in prekären Lebensumständen in die Pflegeassistenzausbildung geschoben werden, schränkt das ihre Karrieremöglichkeiten ein. An die Assistenz- noch eine Fachkraftausbildung dranzuhängen, ist für viele eine finanzielle Überforderung. Daher müssen die Arbeitgeber dazu verpflichtet werden, die Weiterbildung von Assistenz- zu Fachkräften zu ermöglichen und zu finanzieren.

Etliche examinierte Pflegekräfte sind wegen schlechter Arbeitsbedingungen aus dem Beruf geflohen. Ein häufig genannter Grund sind die Hierarchien zwischen den Gesundheitsberufen. Gute Zusammenarbeit braucht Zeit, die allzu oft fehlt. Zudem tragen die Fachpersonen die haftungsrechtliche Verantwortung. Wie sollen sie jeden Arbeitsschritt überprüfen? Wenn ein Teil des Teams nur eine Mindestqualifikation hat, werden Fachkräfte noch stärker belastet. Das muss mitgedacht werden."

Berit Ameskamp, Notfallsanitäterin und Mitglied des ver.di-Bundesfachbereichsjugendvorstandes

 

ver.di-Positionen zum Berufsgesetz für Pflegeassistenz: t1p.de/pflegeass-position

ver.di-Positionen zum Pflegekompetenzgesetz: t1p.de/pflegekompetenz

 

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