von Vera K.
Eine von der Bundesregierung eingesetzte Fachkommission hat unter anderem empfohlen, dass Schwangerschaftsabbrüche in der Frühphase der Schwangerschaft rechtmäßig sein sollen. Nach über 150 Jahren ist die Entkriminalisierung längst überfällig. Im Jahr 2024 müssen Menschen in Deutschland selbst entscheiden können, ob und wann sie Kinder bekommen wollen. Das hat im Strafgesetzbuch nichts zu suchen.
Im Moment müssen Frauen verpflichtend eine Beratung machen und dürfen frühestens drei Tage danach einen Termin für den Abbruch vereinbaren, nur dann bleiben sie straffrei. Dieser Zwang macht Angst. Die allermeisten Frauen, die zu uns in die Beratung kommen, haben sich bereits klar entschieden. Sie befürchten, dass sie überredet werden sollen, das Kind doch zu bekommen. Das steht unserem Bild von Selbstbestimmung total entgegen. Die Botschaft des Staates ist: Ihr tut grundsätzlich etwas Verbotenes, ihr werdet dafür lediglich unter bestimmten Umständen nicht bestraft.
Es ist unbedingt richtig und wichtig, dass Schwangere Beratungsangebote erhalten. Viele Ärzt*innen kennen sich mit dem Thema nicht richtig aus, oft fehlt ihnen auch die Zeit für eine ausführliche Beratung. Bei der Beratung sollte es aber darum gehen, was die Menschen brauchen. Stattdessen muss sich die Pflichtberatung laut Paragraph 219 Strafgesetzbuch »von dem Bemühen leiten lassen, die Frau zur Fortsetzung der Schwangerschaft zu ermutigen«. Wir müssen Themen wie die Möglichkeit der Adoption oder finanzieller Unterstützung ansprechen, die Frauen vom Abbruch abhalten sollen – auch wenn sie sich längst entschieden haben. Ohne dieses Gesetz könnten wir freier und klientenbezogener beraten. Die Kriminalisierung hat viele weitere problematische Folgen. Schwangerschaftsabbrüche kommen im Medizinstudium und selbst in der Facharztausbildung Gynäkologie nicht vor, man muss dafür eine freiwillige Zusatzausbildung machen. Das trägt dazu bei, dass in einigen Regionen Ärzt*innen oder Kliniken fehlen, die Schwangerschaftsabbrüche machen. Frauen müssen dann in einer ohnehin schon belastendenden Situation weite Wege zurücklegen. Noch dazu erhöht es die Kosten.
Da der Abbruch grundsätzlich illegal ist, wird er von den Krankenkassen nicht übernommen. Nur wenn das verfügbare persönliche Einkommen 1.383 Euro im Monat nicht übersteigt, kann man einen Antrag auf Kostenübernahme stellen. Wer einen Cent mehr verdient oder Geld zurückgelegt hat, muss selbst bezahlen.
All das schafft Hürden und schränkt die Selbstbestimmung ein. Es ist höchste Eisenbahn, diese antiquierten Regelungen abzuschaffen. Leider zögert Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und meint, es müsse erst »ein breiter gesellschaftlicher und parlamentarischer Konsens« bestehen. Dabei zeigen Umfragen, dass es in der Bevölkerung eine überwältigende Mehrheit für die Entkriminalisierung gibt – selbst unter den Wähler*innen konservativer und rechter Parteien. Also: Worauf wartet die Ampel noch?
Legal, einfach, fair – Petition für eine Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs unterzeichnen: innn.it/wegmit218