Der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) gilt nicht nur für die rund 2,5 Millionen Beschäftigten bei Bund und Kommunen, sondern prägt unmittelbar oder indirekt auch hunderttausende Arbeitsverhältnisse in anderen Bereichen. Derzeit wird über die Forderungen zur Tarifrunde im Herbst diskutiert. Ein guter Zeitpunkt, um mal nachzuschauen: Was steht eigentlich drin? Die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes – inklusive der besonderen Teile für einzelne Bereiche, für Auszubildende und die Tarifverträge der Länder – können hier heruntergeladen werden. Für kommunale Krankenhäuser sowie Pflege- und Versorgungseinrichtungen stehen jetzt praktische digitale Tariffassungen zur Verfügung.
von Tobias Michel
Helft euch selbst!
Ein im 20. Jahrhundert lebender deutscher Arbeitnehmer muss sich im Grundsatz selbst bemühen, die Rechtskenntnisse zu erwerben oder sich mit Hilfe Dritter bzw. von Organisationen zugänglich zu machen, die er im Arbeitsleben zur Wahrung seiner sozialen Belange braucht. Im 21. Jahrhundert gilt das wohl erst recht.
BAG-Urteil 15.06.1972 - 5 AZR 32/72
Viele helfen mit
Bist du Gewerkschaftsmitglied und ist dein Arbeitgeber Mitglied im Arbeitgeberverband? Dann gilt der Tarifvertrag wie ein Gesetz automatisch: § 4 TVG beschreibt dies als »unmittelbar und zwingend«. Nun darf der Betrieb nur noch zu deinen Gunsten davon abweichen. Doch viel zu oft deuten die Arbeitgeber die Regeln frech in »Vorschläge« um und weichen dramatisch ab. Es wird Arbeit an einem sechsten Tag oder sogar an allen sieben Tagen einer Kalenderwoche angeordnet; Überstunden werden nur mit 30 Prozent vergütet; Urlaubsansprüche werden nicht auf die tatsächliche Tagewoche umgerechnet…
»Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die im Betrieb anwendbaren Tarifverträge […] im Betrieb bekanntzumachen.« Dieser Satz in § 8 TVG bleibt meist ein frommer Wunsch. Wir selbst müssen die tariflichen Ansprüche verbreiten. Daher maile allen Beschäftigten in der Abteilung oder im Betrieb den aktuellen Vertrag am besten zu!
»Eine tarifzuständige Gewerkschaft ist aufgrund ihrer verfassungsrechtlich geschützten Betätigungsfreiheit grundsätzlich berechtigt, E-Mails zu Werbezwecken auch ohne Einwilligung des Arbeitgebers und Aufforderung durch die Arbeitnehmer an die betrieblichen E-Mail-Adressen der Beschäftigten zu versenden.« (BAG Urteil 20.01.2009 – 1 AZR 515/08)
Millionen Beschäftigte stützen sich auf Ansprüche aus dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) – unmittelbar, oder weil bei ihnen ein Tarif dem TVöD folgt: TV BG-Kliniken, TV VBGK, TV-TgDRV, TV-KUV, TV EvB, TV EKBO, TV KH-EH ... Unsere Tarifverträge mit der AWO verschieben dabei die Nummern der Paragrafen. Teile von Kirchen und Diakonie in Baden-Württemberg, der Pfalz und der katholischen Kirche in Bayern nehmen den TVöD dynamisch in Bezug. Andere ahmen unseren Tarifstandard nach – der DRK-RTV, die AVR der Caritas und der BAT-KF stolpern hinterher. Hunderttausende haben zumindest im Arbeitsvertrag vereinbart, dass sich ihre Arbeitsbedingungen nach dem TVöD richten. Denn über diesen Umweg möchten sich Arbeitgeber ihr Recht auf schlechtere Arbeitszeiten erschließen – etwa in § 7 Abs. 3 ArbZG, der Abweichungen per Betriebs- oder Dienstvereinbarung erlaubt, wenn die Tarifregelungen aus dem öffentlichen Dienst angewendet werden.
Niemand muss lange suchen, um dann doch nur bei veralteten Tariffassungen zu landen.
Hier fünf Links, die auch morgen noch aktuell sind:
Bei euch greifen Haustarifverträge? Sorgfältige Betriebs- und Personalräte stellen für die Belegschaft die betrieblichen Besonderheiten im Intranet bereit, besser noch im Internet.
Andere Vereinbarungen sammeln unter anderem die Verbände der Arbeitgeber: AWO,BAT-KF, AVR.DD, Ärzte.