Tarifvertrag - was ist das?

17.03.2016

Tarifverträge sind Verträge zwischen Gewerkschaften und Arbeitgebern zur Regelung von Arbeitsbedingungen auf der gesetzlichen Basis des Tarifvertragsgesetzes. Vereinbart werden in Tarifverträgen zum Beispiel die monatliche Vergütung, die jeweiligen Vergütungstabellen, die wöchentliche Arbeitszeit, Zuschläge für Schicht-, Sonn-, Feiertags- und Nachtarbeit, Jahressonderzahlungen oder die Urlaubsdauer.

In der Gesetzeshierarchie sind Tarifverträge direkt nach Gesetzen und Verordnungen einzustufen, d.h. sie dürfen nicht gegen Gesetze verstoßen. Andererseits dürfen jedoch Betriebsvereinbarungen, die von den Betriebsräten abgeschlossen werden, oder Arbeitsverträge nicht gegen Regelungen in den Tarifverträgen verstoßen. Gewerkschaftliche Tarifpolitik will erreichen, dass die Arbeitsbedingungen von Beschäftigten dem Wettbewerb entzogen und vor ihm abgesichert werden. Wettbewerb sollen die Konzerne über Qualität, Leistung oder Patientenzufriedenheit führen und nicht über Personalkosten. Diese grundsätzliche Zielsetzung ist jedoch auch einer der grundlegenden Konflikte in Tarifverhandlungen, weil Arbeitgeber immer wieder versuchen, genau solche Wettbewerbsvorteile über Tarifverträge zu erreichen. In Tarifverhandlungen werden damit immer auch Interessen- oder Verteilungskonflikte ausgetragen. Wir wollen eine Verbesserung der Arbeits- und Einkommenssituation für unsere Kolleginnen und Kollegen erreichen, die Arbeitgeber wollen Kosten senken und ihre Gewinne steigern.

Aktuell existieren ca. 44.000 Tarifverträge in Deutschland, davon allein im Gesundheitswesen ca. 3.000. Neben den großen Flächentarifverträgen, wie z.B. dem Tarifvertrag öffentlicher Dienst (TVöD), gibt es regionale Flächentarifverträge, Haustarifverträge für einzelne Betriebe und zunehmend Konzern-Tarifverträge, die für Einrichtungen und Kliniken eines Konzerns bundesweit gelten, wie z.B. dem Konzern-Tarifvertrag mit der Sana Kliniken AG. Nach dem Tarifvertragsgesetz gelten Tarifverträge nur für Gewerkschaftsmitglieder. Mehr noch: Nach Gesetzesvorgabe dürfen Gewerkschaften nur für ihre Mitglieder verhandeln. Dennoch wenden Arbeitgeber die Tarifverträge freiwillig für alle Beschäftigten an.

Im Konfliktfall ist diese freiwillige Anwendung durch den Arbeitgeber von den Beschäftigten, die nicht Gewerkschaftsmitglied sind, nicht einklagbar. Verweisklauseln in Arbeitsverträgen können jederzeit durch den Arbeitgeber aufgekündigt werden. Nur Gewerkschaftsmitglieder genießen die Sicherheit ihrer Arbeitsbedingungen durch Tarifvertrag!

Wie kommen wir zu einem Tarifergebnis?

Grundsätzlich können wir in unserem Rechtssystem nur durch unsere eigene Durchsetzungsfähigkeit akzeptable Tarifergebnisse erreichen. Einigen wir uns nicht am Verhandlungstisch, können wir nur durch Aktionen, Öffentlichkeitsarbeit, Warnstreiks und Streiks Arbeitgeber dazu bewegen, mit uns Tarifverträge abzuschließen bzw. auf unsere Forderungen einzugehen. Warnstreiks und Streiks sind jedoch nur außerhalb der sogenannten „Friedenspflicht“ möglich, d.h. während der Laufzeit von Tarifverträgen dürfen wir nicht streiken. Um unsere Forderungen durchsetzen zu können, brauchen wir für Tarifrunden auch die notwendige Anzahl von Mitgliedern. Tarifverhandlungen ohne Mitglieder sind „kollektive Bettelei“, wie das Bundesarbeitsgericht in einem Grundsatzurteil festgestellt hat.

Nach unserem Selbstverständnis sollen Tarifverträge von ver.di Mitgliedern für ver.di Mitglieder gestaltet werden. Dabei ist es die Aufgabe von gewählten Tarifkommissionen über die Kündigung von Tarifverträgen, die Forderungen, den Abschluss oder auch die Ablehnung von Verhandlungsergebnissen und gegebenenfalls über die Einleitung von Aktionen und Streiks zu entscheiden.

Alle beschlossenen Forderungen werden dann von uns vorgetragen und eingehend erläutert. Die Diskussion und Kontroverse mit den Arbeitgebern beginnt. Im Rahmen der weiteren Verhandlungen wird dann ausgelotet, wo sich Kompromissmöglichkeiten ergeben. Dabei muss die Verhandlungs- und im weiteren Verlauf die Tarifkommission immer wieder entscheiden, welche möglichen Kompromisse Akzeptanz finden oder gegebenenfalls auch die Aktions- und Streikfähigkeit unserer KollegInnen in den Kliniken beurteilen.

 Am Ende steht ein Kompromiss. Wesen eines Kompromisses ist es, dass wir uns mit den Arbeitgebern in unseren Verhandlungspositionen annähern. Es ist daher sehr selten, dass wir unsere Forderungen zu 100 Prozent erreichen. Die Tarifkommission kann dann entscheiden, dass vor einer endgültigen Annahme eines Tarifergebnisses nochmals die Mitglieder befragt werden.

 

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