Die seit über einem Jahr andauernde Tarifauseinandersetzung an der Asklepios-Klinik im niedersächsischen Seesen wirft ein Schlaglicht auf die Folgen der Gewinnorientierung im Gesundheitswesen. Mit Einschüchterungsversuchen, Ausgliederungen und Entlassungen versucht der Konzern, die Beschäftigten davon abzuhalten, ihre demokratischen Grundrechte wahrzunehmen. Das Vorgehen zeigt: Für Asklepios steht nicht eine gute Gesundheitsversorgung, sondern der höchstmögliche Gewinn im Vordergrund.
Die Beschäftigten in Seesen setzen sich für konkurrenzfähige, tariflich abgesicherte Löhne und Arbeitsbedingungen ein. Das tun sie für sich, aber auch für eine Zukunftsperspektive des Klinikstandorts und eine gute Versorgung. Denn ohne eine angemessene Vergütung sind die nötigen Fachkräfte nicht zu gewinnen und zu halten. Anfang November beschlossen die Streikenden, den Arbeitskampf wegen der angespannten Corona-Lage auszusetzen. Sie zeigen Verantwortung. Anders die Konzernspitze, die vor allem aus ideologischen Gründen Tarifverhandlungen weiterhin stur ablehnt – zu Lasten der Versorgungsqualität, der Beschäftigten und der Zukunft der Klinik.
Am 16. November kündigte das Management an, die renommierte Reha-Klinik in Seesen zu schließen. Die Gründe hierfür sind nicht im Arbeitskampf, sondern offenbar in den exorbitant hohen Renditevorgaben von Asklepios zu suchen. Klarer kann die Konzernspitze ihre Strategie der rücksichtslosen Profitmaximierung nicht demonstrieren. Besonders in der aus Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen finanzierten Gesundheitsversorgung haben solche Praktiken nichts zu suchen. Um das deutlich zu machen, haben die Seesener Beschäftigten den Appell für ein bedarfsorientiertes Gesundheitswesen mit guten Arbeitsbedingungen gestartet. Mach mit!
Seit über einem Jahr kämpfen wir, die in ver.di organisierten Beschäftigten der Asklepios-Klinik im niedersächsischen Seesen, für die Zukunft unserer Klinik und eine angemessene Bezahlung. Wir haben appelliert, demonstriert und gestreikt.
Die Bevölkerung und die Politik in der Region stehen auf unserer Seite. Doch der Asklepios-Konzern weigert sich weiterhin, die Arbeitsbedingungen und die Patientenversorgung zu verbessern. Stattdessen setzt er auf Einschüchterung, Ausgliederungen und Kündigungen. Jetzt soll sogar die Reha-Klinik Ende Dezember 2020 geschlossen werden, bis zu 140 Beschäftigte stehen vor einer ungewissen Zukunft. Nicht weil ihre Arbeit nicht gebraucht wird, sondern weil die exorbitanten Renditevorgaben von Asklepios nicht erreicht werden. Auch die Arbeitsplätze der Therapeutinnen und Therapeuten sind bedroht.
Solche Praktiken dürfen keine Schule machen, schon gar nicht in der Gesundheitsversorgung. Alle Beschäftigten im Gesundheitswesen haben Respekt und Anerkennung verdient. Wir brauchen gute Arbeitsbedingungen. Der kommerzielle Klinikkonzern Asklepios betreibt rücksichtslose Gewinnmaximierung.
Wir appellieren an die politisch Verantwortlichen im Bund und in den Ländern, diesen Machenschaften konsequent Einhalt zu gebieten. Sorgen Sie dafür, dass im Gesundheitswesen der Mensch im Mittelpunkt steht und nicht der Profit.
Wir brauchen:
Dieser Appell wird getragen von den ver.di-Teamdelegierten der Asklepios-Klinik in Seesen und ihrer Gewerkschaft ver.di.
Sehr geehrter Herr Hankeln,
(...) Während andernorts über die notwendige Aufwertung der Beschäftigten im Gesundheitswesen diskutiert und den Beschäftigten der Krankenhäuser – angesichts der Corona-Pandemie – Applaus gespendet wird, haben Sie die Beschäftigten der Schildautalkliniken in einen Streik gezwungen. (...) Unter dem Strich steht eine Konzernpolitik, die offenbar im Begriff ist, eine einstmals renommierte Fachklinik zu zerschlagen und damit eine Belegschaft treffen will, die sich für ihre demokratischen Rechte engagiert. Und wir erleben eine Konzernpolitik, die funktionierende Abteilungen schließt, weil die Renditevorgaben nicht erreicht werden. Dies erweckt den Eindruck, dass dem Klinikkonzern Asklepios eine rücksichtslose Gewinnmaximierung offenbar wichtiger ist als eine möglichst gute Patientenversorgung.
Sehr geehrter Herr Hankeln, für eine Umkehr ist es nicht zu spät. (...) Wir sind überzeugt, dass eine Lösung möglich ist, die im Ergebnis für gute Arbeitsbedingungen
sorgt und eine Rücknahme der Kündigungen und Schließungspläne ermöglicht.
Mit freundlichen Grüßen
Frank Werneke, ver.di-Vorsitzender, und Sylvia Bühler, Mitglied des ver.di Bundesvorstands
Krankenhäuser
030/6956-1812
diana.sgolik@verdi.de
Landesfachbereichsleiter Niedersachsen-Bremen
0511 / 12 400 250
david.matrai@verdi.de