»Ich erhielt einen anonymen Telefonanruf, in dem meine Familie und ich bedroht wurden«, berichtet Claudia López, die beim deutschen Fresenius-Konzern im kolumbianischen Medellin arbeitet. Die örtliche Vorsitzende der Gewerkschaft SINTRACLÍNICA ist nicht die einzige, die wegen ihrer gewerkschaftlichen Aktivitäten um ihr Leben bangen muss. Auch ein Kollege aus der Fresenius-Klinik Cali wurde bedroht und musste Hals über Kopf das Land verlassen. Beide Morddrohungen wurden ausgesprochen, als die Verhandlungen über Tarifverträge für die kolumbianischen Fresenius-Kliniken ins Stocken geraten waren und die Gewerkschaft über einen Streik entscheiden musste.
Der im hessischen Bad Homburg ansässige Gesundheitskonzern dürfe solchen Entwicklungen nicht tatenlos zusehen, fordern Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter weltweit, die in der »Fresenius Global Union Alliance« zusammengeschlossen sind. Die Allianz – die von den Gewerkschaftsverbänden Public Services International (PSI), UNI Global Union und IndustriALL koordiniert wird – startet heute (23. Februar 2022) eine Solidaritätskampagne mit den Kolleg*innen in Kolumbien. Das südamerikanische Land ist für Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter seit vielen Jahren eines der gefährlichsten. Seit 2016 wurden rund 1.300 Aktivist*innen aus Gewerkschaften und sozialen Bewegungen getötet und eine unbekannte Zahl weiterer Personen bedroht. Allein im vergangenen Jahr wurden mindestens 145 kolumbianische Gewerkschaftsführer*innen ermordet.
Die internationale Solidaritätskampagne will verhindern, dass es auch im Falle der Fresenius-Beschäftigten so weit kommt. Sie verlangt von der Konzernspitze eine öffentliche Verurteilung der Morddrohungen und konkrete Maßnahmen zum Schutz der Gewerkschafter*innen. »Das Schweigen von Fresenius ist gefährlich«, betont David Boys von der Fresenius Global Union Alliance. »Es ist völlig inakzeptabel, dass das Unternehmen sich weigert, Morddrohungen gegen seine Mitarbeitenden öffentlich anzuprangern – vor allem in einem Land, in dem es eine grausame Liste von Gewalttaten gegen Aktivist*innen und Gewerkschafter*innen gibt.«
Ein international tätiges Unternehmen wie Fresenius dürfe sich seiner Verantwortung gegenüber den kolumbianischen Beschäftigten nicht länger entziehen, so die stellvertretende Generalsekretärin von UNI Global Union, Alke Boessiger. »Wir fordern Fresenius nicht nur zum Handeln auf, weil es das Richtige ist. Wir fordern auch konkrete Maßnahmen, weil so die Beschäftigten geschützt werden können.« In anderen Fällen habe die öffentliche Verurteilung von Morddrohungen durch Unternehmen durchaus eine Wirkung gehabt und dazu beigetragen, die Sicherheit der Betroffenen zu erhöhen.
»Keine Frage: Der Fresenius-Vorstand muss eingreifen«, erklärt auch die Fresenius-Konzernbetreuerin bei ver.di, Cordula Kiank. »Sich in Gewerkschaften zu organisieren, ist ein weltweites Menschenrecht. Wenn es bedroht wird, ist entschiedenes Handeln nötig.« Doch bislang habe das Fresenius-Management auf wiederholte Aufforderungen, die Drohungen zu verurteilen und Schutzmaßnahmen zu ergreifen, nicht ausreichend reagiert. »Wir machen weiter dafür Druck, dass sich Fresenius klar positioniert und das Nötige tut«, so die Gewerkschafterin. »ver.di und die internationalen Gewerkschaftsverbände stehen klar an der Seite der kolumbianischen Kolleg*innen. Hier ist unsere Solidarität gefragt.« Den Forderungen an Fresenius wird auf der Internetplattform Labourstart mit einer Unterschriftenaktion Nachdruck verliehen.
Jetzt unterschreiben!
Krankenhäuser mit Schwerpunkt Unikliniken, MVZ
030/6956-1827
Peter.Sztatelman@verdi.de