Tarifrunde bei Bund und Kommunen

Lautstark für mehr Geld

Zehntausende Beschäftigte des öffentlichen Dienstes im Streik für einen guten Tarifabschluss. Betrieblich-schulische Auszubildende in Krankenhäusern fordern Bezahlung.
13.04.2018
Tarifrunde bei Bund und Kommunen: Warnstreik in Nürnberg am 11. April 2018

Dröhnende Beats, grelle Trillerpfeifen, lautstarke Sprechchöre – die ver.di-Jugend war an diesem Mittwoch (11. April 2018) in der Nürnberger Innenstadt nicht zu überhören. Rund 1.000 Auszubildende und etliche Krankenhausbeschäftigte zogen in einem bunten Demonstrationszug vom Nordklinikum zum Kornmarkt. Dort trafen sie auf tausende Kolleginnen und Kollegen aller Bereiche des öffentlichen Dienstes sowie Streikende der zeitgleich streikenden Telekom. Das gemeinsame Ziel: »Gutes Geld für gute Arbeit.«

Vor der entscheidenden Runde der Tarifverhandlungen bei Bund und Kommunen am 15. bis 17. April in Potsdam legten Beschäftigte im ganzen Bundesgebiet die Arbeit nieder. Allein am Mittwoch beteiligten sich 25.000 in sechs Bundesländern. In Nürnberg betonten mehrere Redner, wie wichtig nicht nur die Forderung nach sechs Prozent mehr Geld ist. Insbesondere für die unteren Lohngruppen sei der geforderte Mindestbetrag von 200 Euro zentral, um angesichts steigender Mieten über die Runden zu kommen.

 
Tarifrunde bei Bund und Kommunen: Warnstreik in Nürnberg am 11. April 2018

»Mehr Geld ist unser Recht«, meinte Sara Weinelt von Krankenhaus Schwabach. »Alles wird teurer. Dass die Arbeitgeber das nicht ausgleichen wollen, ist eine Unverschämtheit.« Doch die Krankenpflegerin geht nicht nur für Lohnerhöhungen auf die Straße, sondern auch für bessere Arbeitsbedingungen. Beides hängt ihrer Meinung nach zusammen: »Die Berufe im Gesundheitswesen müssen attraktiver werden, damit sich in Zukunft noch Menschen dafür entscheiden. Und das heißt auch: eine bessere Bezahlung.« Vor diesem Hintergrund ist für Weinelt die vielfältige Benachteiligung von Krankenhausbeschäftigten ein besonderes Ärgernis – beispielsweise beim Nachtzuschlag, der in Kliniken nur 15 statt 20 Prozent beträgt. »Das ist einfach ungerecht und wird unserer sehr verantwortungsvollen Arbeit – bei der wir nachts allzu oft alleine sind – nicht gerecht.«

 

 

ver.di-Jugend macht Rabatz

Mit Konfettikanonen, Nebelwerfern und hunderten schwarzen Luftballons besonders sichtbar war in Nürnberg die ver.di-Jugend. Ihre Forderung: monatlich 100 Euro mehr für Azubis. »Wohnen, essen, feiern – alles wird teurer«, begründete dies Nina Kißkalt von der Jugend- und Auszubildendenvertretung (JAV) des Klinikums Nürnberg. Angesichts staatlicher Rekordüberschüsse sei der Festbetrag »gerechtfertigt, bezahlbar und längst überfällig«. Gleiches gelte für die Erhöhung des Urlaubsanspruchs auf 30 Tage im Jahr sowie die unbefristete Übernahme nach erfolgreicher Abschlussprüfung. »Überall herrscht Personalmangel, gerade in den Krankenhäusern, und dennoch müssen Auszubildende Jahr für Jahr um einen unbefristeten Arbeitsvertrag bangen – wie kann das sein?«, kritisierte die Krankenpflegerin. Es sei zudem »eine Frechheit«, dass betrieblich-schulische Auszubildende trotz vieler praktischer Einsätze überhaupt keine Vergütung erhalten. »Diese Ausbeutung muss ein Ende haben«, forderte die Jugendvertreterin.

Dass Medizinisch-Technische Assistent/innen (MTA), Physiotherapeut/innen und andere in der Ausbildung keinen Cent bekommen, findet auch die 22-jährige Melanie »total krass«. Die angehende Krankenpflegerin könnte sich nicht vorstellen, drei Jahre ohne Bezahlung zu leben. »Viele entscheiden sich aus diesem Grund gegen diese Berufe«, berichtete Kerstin. Warum sie selbst trotz allem eine Ausbildung zur Medizinisch-Technischen Radiologie-Assistentin macht, erklärte sie damit, dass diese »einfach Mega-Spaß macht«. MTA sei ein toller Beruf, doch die fehlende Vergütung mache ihr und ihren Kolleg/innen zu schaffen. »Wenn man nach der Schule zwei, drei Stunden arbeitet und ab acht noch lernen muss, bleibt kaum Freizeit«, so die 31-Jährige, die nebenher Nachhilfe gibt.

 
Tarifrunde bei Bund und Kommunen: Warnstreik in Nürnberg am 11. April 2018

Ihre Kollegin Valeria arbeitet abends und an Wochenenden im Kino, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen. »Dass wir überhaupt nicht bezahlt werden, empfinde ich schon als fehlende Wertschätzung.« Bis vor kurzem hätten die schulischen Auszubildenden in Nürnberg nicht einmal Anspruch auf die üblichen Schutzimpfungen gehabt, kritisierte die 21-Jährige. Erst seit sie sich gemeinsam für ihre Interessen einsetzen, habe sich das geändert.

Für Ramona ist es der erste Streik. Die 19-Jährige ist es leid, neben ihrer Vollzeitausbildung als MTRA kellnern zu müssen. Wie die meisten in ihrem Kurs ist sie deshalb vor einigen Wochen bei ver.di eingetreten. »Ist doch klar: Wenn man was ändern will, muss man sich organisieren.« Doch nicht nur das: Die betrieblich-schulischen Auszubildenden der Nürnberger Klinik sind auch bereit, große Anstrengungen auf sich zu nehmen. So will die Hälfte von ihnen am Sonntag von der Frankenmetropole ins mehr als 400 Kilometer entfernte Potsdam fahren, um vor dem Verhandlungslokal zu protestieren. »Die Arbeitgeber sollen sehen, wie wichtig uns die Tarifierung ist«, erklärte die Schulsprecherin Charlette Magetu. »Am heutigen Streik haben sich fast alle beteiligt. Auch das zeigt: Die Auszubildenden stehen geschlossen dahinter. Wir lassen nicht locker, bis die Bezahlung durchgesetzt ist.«

 

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