Paracelsus

Verhandlungen ergebnislos beendet

24.10.2019

Als ein Ergebnis der Tarifverhandlungen Anfang dieses Jahres haben wir mit den Arbeitgebern eine „Prozessvereinbarung“ vereinbart, in der für beide Seiten wichtige Verhandlungsthemen enthalten waren. Diese sollten mit dem Ziel einer Einigung bis zum 30. September 2019 verhandelt werden.

Damit hatten wir den Arbeitgebern auch einen „Vertrauensvorschuss“ gewährt, da wir bereit waren, für uns wichtige Forderungen nochmals zu vertagen. Dieser „Vertrauensvorschuss“ ist nicht genutzt worden.

Als Vorbedingung für mögliche Angebote zu den von uns gestellten Forderungen haben die Arbeitgeber unsere Zustimmung zu einem absolut inakzeptablen Arbeitszeitmodell zur Verlängerung der Wochenarbeitszeit gefordert. Danach sollten sich die Beschäftigten – immerhin „freiwillig“ – verpflichten 40 Stunden pro Woche zu arbeiten. Bei Beibehalt der 38,5-Stunden als wöchentlicher Regelarbeitszeit entsteht so eine Zeitschuld von 1,5 Stunden. Diese Stunden sollen dann jederzeit vom Arbeitgeber abgerufen werden können. Der Ausgleich der längeren Arbeitszeit wäre dann finanziell über eine „ratierliche Anpassung der Entgelttabelle“ erfolgt. Alternativ wäre auch ein Freizeitausgleich denkbar.

Wenn wir diesem Modell zustimmen, wäre auch die Arbeitszeitangleichung Ost an West auf Basis der Regelarbeitszeit von 38,5 Stunden pro Woche möglich.

Ein solches Modell ist für uns nicht verhandelbar:

  • Wir lehnen Arbeitszeitverlängerungen in Tarifverträgen grundsätzlich ab, da sie angesichts der heute schon bestehenden Überlastungen in den Gesundheitsberufen ein völlig falsches Signal wäre.
  • Die angebotene „Freiwilligkeit“ zu einem solchen Modell wäre nur theoretischer Natur. Die vorhandene Personalnot würde zwangsläufig zu einem immer größeren werdenden Druck führen, sich dazu zu verpflichten.
  • Der Wunsch der Arbeitgeber, jederzeit die Ableistung der Zeitschuld von 1,5 Stunden pro Woche flexibel einfordern zu können, wäre ein klassisches Modell der „Arbeit auf Abruf“. Planbare Freizeit und planbare freie Tage wären nicht mehr möglich.
  • Mit diesem Modell würden die Arbeitgeber Mehrarbeitszuschläge einsparen. Künftig würden Überstunden dann erst ab der 41. Stunde anfallen.
    Auch die Kolleg*innen in den neuen Bundesländern hätten nichts gewonnen, da die 40-Stundenwoche schnell wieder zur faktischen Regelarbeitszeit würde. Allerdings müssten sie auch auf Abruf zur Verfügung stehen.
  • Eine „ratierliche Anpassung der Entgelttabelle“ (eine Arbeitszeitverlängerung von 1,5 Stunden entspricht einem Zuwachs von ca. 3,9 %) würde die im Vergleich zu anderen Tarifverträgen niedrige Entgelttabelle in den Paracelsus-Kliniken nach Außen besser „aussehen“ lassen. Wir haben das als „Tabellenkosmetik“ abgelehnt.

Die Arbeitgeber haben über drei Verhandlungsrunden darauf beharrt, dass es Zugeständnisse nur geben kann, wenn sie über diese weitere Arbeitszeitflexibilisierung und das Einsparen von Mehrarbeitszuschlägen eine finanzielle Kompensation erreichen.

Daher sind die Verhandlungen am 19. September 2019 in der dritten Verhandlungsrunde beendet worden. Eine Einigung war nicht möglich.

Die Arbeitgeber haben die Chance für uns wichtige Themen im Vorfeld der Entgelttarifverhandlungen zu regeln, nicht genutzt. Einige dieser Forderungen sind bereits seit Jahren zugesagt und dann immer wieder vertagt worden.

Die Tarifkommission hat auf ihrer Sitzung am 30. September 2019 die Verhandlungen auf Basis der Prozessvereinbarung für beendet erklärt und die Kündigung der Entgelttabellen zum 31. Dezember 2019 beschlossen.

In der jetzt beginnenden Diskussion mit den ver.di Mitgliedern will die Tarifkommission folgende Forderungsschwerpunkte zur Diskussion stellen:

  • Anhebung der Entgelttabellen um 7 %, mindestens 200 € monatlich, ab dem 1. Januar 2020, Laufzeit 12 Monate.
  • Anhebung der Funktions- und Leitungszulagen um 7 % ab dem 1. Januar 2020.
  • Anhebung der Auszubildendenvergütungen ab dem 1. Januar 2020 auf das Niveau der Ausbildungsvergütungen im Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes (TVAöD).  
  • Nachbesserungen in der Eingruppierungssystematik für Medizinische Bademeister*innen / Masseure, Ergo-, Physiotherapeut*innen und Gymnastiklehrer*innen in der Psychosomatik, Onkologie und Orthopädie, MTRA / MTLA und Stationsleitungen (Anerkennung der Fachweiterbildung).
  • Zulagen für Zusatzaufgaben: Pain Nurse / Algesiologische Fachassistenz, Wundexpert*innen, Diabetesberater*innen, Beauftrage für Arbeitssicherheit, Medizingerätebeauftragte, QM-Moderator*innen, Transfusionsbeauftragte.
  • Pflegezulage in Akutkliniken von 300 € monatlich für examinierte Gesundheits- und Krankenpfleger*innen (200 € für zweijährig ausgebildete und 100 € für einjährig ausgebildete Krankenpflegehelfer*innen), um die ab 2020 für die Akutkliniken verbesserten Möglichkeiten der Finanzierung von Personalkosten in der Pflege zu nutzen.
    Vorteilsregelung nur für ver.di Mitglieder von vier zusätzlichen freie Tage im Kalenderjahr. Auf Wunsch der Mitglieder sollen diese zum Jahresende auch ausgezahlt werden können.
  • Auch wenn wir den Manteltarifvertrag nicht kündigen werden wir die Themen Arbeitszeitangleichung Ost auf 38,5 Stunden pro Woche ab dem 1. Januar 2020 und eine veränderte Berechnung von Bereitschaftsdienstentgelten, Rufbereitschaftszulagen und Zeitzuschlägen in dieser Tarifrunde weiter verfolgen.

In den nächsten Wochen werden die ver.di Mitglieder die Forderungsschwerpunkte für die Tarifrunde 2020 und mögliche Aktionen für deren Durchsetzung in den Kliniken diskutieren. Bei der nächsten Sitzung der Tarifkommission am 5. Dezember 2019 werden die Forderungen dann beschlossen. Wir erwarten die Aufnahme der Tarifverhandlungen zum Jahresende.