Die Corona-Pandemie alleine wäre für Rhön derzeit schon Herausforderung genug. Doch hinzu kommt eine Übernahmeschlacht. Drei Ankeraktionäre – der Aufsichtsratsvorsitzende Eugen Münch, der Medizintechnikhersteller B. Braun und die Klinikkette Asklepios – ringen um Einfluss und verfolgen ihre jeweiligen Interessen. Gut, dass die Vertreter*innen der Beschäftigten im Aufsichtsrat bisher stets geschlossen agierten – zum Wohle der gesamten Belegschaft. Auch deshalb konnte das Unternehmen die sektorenübergreifende Gesundheitsversorgung weiter vorantreiben und neue Arbeitsplätze schaffen. Auch jetzt zeigen wir Geschlossenheit und lehnen unternehmensgefährdende Ideen wie eine Sonderdividende von 134 Millionen Euro ab. Dieses Geld darf auf keinen Fall der Gesundheitsversorgung entzogen werden. Es braucht mehr Investitionen in Gebäude, Geräte und vor allem Personal – nicht weniger.
Mit unseren Betriebsräten, im Aufsichtsrat und als Gewerkschaft ver.di vertreten wir entschlossen unsere Interessen. Gemeinsam fordern wir die langfristige Sicherung der Arbeitsplätze, den Erhalt und die Weiterentwicklung der Tarifverträge sowie die Einbeziehung der Mitbestimmungsgremien. Dafür haben wir erfolgreich gestritten. Das werden wir uns auch bei einer Übernahme durch Asklepios nicht nehmen lassen.
Die Beherrschung der Rhön-Klinikum AG durch Asklepios ist mit dem Joint Venture von Asklepios und Münch und der Veröffentlichung des Übernahmeangebots von
18 Euro pro Aktie schon Ende Februar im ersten Schritt vorbereitet worden. Mit der Übernahme weiterer Anteile gewinnt Asklepios noch größeren Einfluss, sofern das Bundeskartellamt keinen Einspruch erhebt.
»Die Asklepios-Spitze war in den Gesprächen mit uns Beschäftigtenvertretern bislang leider zu keinen substanziellen Zusagen bereit. Weder in Bezug auf den Erhalt der Mitbestimmungs- und Unternehmenskultur noch bei der Tarifbindung, den Betriebsvereinbarungen oder dem Erhalt der Arbeitsplätze wollte der Konzern verbindliche Regelungen zugestehen. Vor diesem Hintergrund sehen der Konzernbetriebsrat und die örtlichen Betriebsräte die Übernahmepläne sehr kritisch. Wir sind davon überzeugt, dass das Unternehmen nur erfolgreich sein kann, wenn die Beschäftigten mitgenommen und abgesichert werden.«
Oliver Salomon ist Vorsitzender des Konzernbetriebsrats der Rhön-Klinikum AG und stellvertretender Betriebsratsvorsitzender in der Zentralklinik Bad Berka
»Statt Millionenbeträge in den Kauf der Rhön-Kliniken zu stecken, sollte Asklepios lieber in die bestehenden Kliniken investieren – insbesondere ins Personal. Das ist nämlich bitter nötig, um die Standorte weiterzuentwickeln. Wir brauchen endlich überall eine Bezahlung auf dem Niveau des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst (TVöD). Nur so können genug Fachkräfte gewonnen und gehalten werden. Wenn Geld – das von den Beschäftigten erwirtschaftet wurde und ursprünglich aus Sozialbeiträgen stammt – stattdessen für einen Übernahmepoker ausgegeben wird, zeigt dies, dass im Gesundheitswesen etwas grundsätzlich schiefläuft.«
Martin Simon ist Betriebsratsvorsitzender der Asklepios-Klinik Langen und des Konzernbetriebsrats der Asklepios Kliniken GmbH & Co. KGaA.
»Gerade führt die Corona-Pandemie aller Welt vor Augen, wie wichtig ein gut ausgebautes Gesundheitswesen ist, bei dem der Versorgungsbedarf und nicht die Gewinnerzielung im Vordergrund stehen. Und mitten in dieser Krise liefern sich die Eigentümer von B. Braun, Rhön und Asklepios eine weitere Übernahmeschlacht, bei der es einzig um Macht und Geld geht. Das passt vielleicht in einen schlechten Wirtschaftskrimi, im Krankenhauswesen hat so etwas nichts zu suchen. Die Vorgänge zeigen, wie sehr das Gesundheitswesen für Profitstreben und Spekulation geöffnet wurde. Damit muss Schluss sein.«
Sylvia Bühler ist im ver.di-Bundesvorstand zuständig für das Gesundheits- und Sozialwesen.
Asklepios will mit der Rhön-Übernahme nach eigener Aussage »Synergiepotenziale« realisieren. Zunächst steht dabei offenbar die Zusammenlegung administrativer Funktionen im Fokus. Übersetzt heißt das: Es sollen Stellen abgebaut werden. Dabei führt die aktuelle Pandemie allen vor Augen, dass deutlich mehr, nicht weniger Personal nötig ist. Sollte in einem Bereich tatsächlich Arbeit wegfallen, muss den Betroffenen eine Qualifizierung und Weiterbeschäftigung im Unternehmen angeboten werden. Betriebsbedingte Kündigungen müssen langfristig ausgeschlossen werden.
Asklepios verweigert seinen Beschäftigten an etlichen Standorten den Schutz durch Tarifverträge. Beharrlich ignoriert der Konzern beispielsweise die berechtigten Tarifforderungen der Belegschaften im niedersächsischen Seesen und im bayerischen Lindenlohe, die vor der Corona-Pandemie mehrfach in Streik getreten sind. Sollte es zur Übernahme der Rhön-Kliniken kommen, muss Asklepios überall garantieren, dass bestehende Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen dauerhaft erhalten und weiterentwickelt werden. Gute Tarifverträge zu erkämpfen, hat bei den Rhön-Beschäftigten Tradition. Darauf muss sich Asklepios einstellen!
Zerteilen, ausgliedern, Löhne senken – darauf setzt der Asklepios-Konzern flächendeckend. Es beginnt meist mit den sogenannten patientenfernen Bereichen – Reinigung, Wäscherei, Küche. Dann folgen Einkauf, Logistik, IT, Buchhaltung. Schließlich werden auch der Krankentransport sowie therapeutische und andere Tätigkeiten direkt am Patienten bzw. an der Patientin ausgegliedert. Dies spaltet die Belegschaften, schwächt die Mitbestimmung und schadet der Versorgungsqualität. Dagegen setzen wir uns überall zur Wehr. Alle Beschäftigten im Krankenhaus sind für eine gute Versorgung wichtig. Deshalb müssen alle im Unternehmen selbst angestellt sein, von dessen Betriebsräten vertreten und von den Tarifverträgen geschützt werden.
Weder die Beschäftigtenvertreter*innen im Aufsichtsrat noch die betrieblichen Interessenvertretungen wurden im Vorfeld des Übernahmeangebots eingebunden oder informiert. Der Vorstand übrigens auch nicht. Transparenz und respektvolles Miteinander gehen anders!
Bislang wird die Mitbestimmung bei Rhön gelebt – vor Ort, gegenüber dem Konzernbetriebsrat und im Aufsichtsrat. Im Asklepios-Konzern ist das vielerorts ganz anders. Dort werden Betriebsräte unter anderem dazu gedrängt, gesetzlich unzulässige betriebliche Entgeltordnungen abzuschließen, um Tarifverträge zu verhindern. Wer als Gesundheitskonzern von Sozialbeiträgen lebt, dem darf es nicht erlaubt sein, sich dessen Grundregeln wie der Sozialpartnerschaft zu verweigern. Unsere Betriebsräte wissen sich zu wehren.
Angesichts des hohen Fachkräftebedarfs im Gesundheitswesen ist es entscheidend, dass viel und gut ausgebildet wird. Im Falle einer Übernahme müssen daher alle Krankenpflege-, Logopädie-, MTA- und anderen Schulen bestehen bleiben und möglichst ausgebaut werden. Es muss genug qualifiziertes Lehrpersonal zur Verfügung stehen, um eine gute Ausbildungsqualität zu gewährleisten. Auch Versorgungseinrichtungen wie Wohnheime müssen in gutem Zustand erhalten und bei Bedarf ausgebaut werden.
Während die Aktionäre ihre eigenen Interessen auf Kosten des Unternehmens, der Beschäftigten und einer guten Gesundheitsversorgung verfolgen, zeigen wir Geschlossenheit! Gerade in diesen Zeiten brauchen Beschäftigte konsequente Vertreter*innen in Betriebs- und Aufsichtsräten sowie eine durchsetzungsfähige Gewerkschaft. Je mehr sich in ver.di organisieren und aktiv werden, desto besser können wir unsere gemeinsamen Interessen verteidigen. Für den Erhalt der Arbeitsplätze, für gute Tarifverträge und eine einflussreiche Mitbestimmung.
Mach mit und unterzeichne die Online-Resolution »Beschäftigte der Rhön Klinikum AG – Der Mensch im Mittelpunkt!«
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