Europa

Delegation trifft EU-Kommissar

18.01.2023
Demo Brüssel 9.12.22

Fast 1.000 Beschäftigte der Gesundheits- und Pflegeberufe aus Europa haben am 9. Dezember in Brüssel demonstriert. Sie forderten gemeinsam vor allem mehr Personal und eine bedarfsgerechte Finanzierung des Gesundheitssystems. Der Europäische Gewerkschaftsverband für den Öffentlichen Dienst, kurz EGÖD, hatte dazu aufgerufen. Das Motto lautete: „Applaus ist nicht genug!“ und ver.di war mit etwa 30 Kolleg*innen vertreten.

Anlass war ein Treffen der europäischen Gesundheitsminister in Brüssel an diesem Tag. Die ver.di-Aktive Sabrina Didschuns, Krankenschwester in Berlin, hat sich als Teil einer Delegation aus verschiedenen Ländern zusätzlich mit dem luxemburgischen EU-Kommissar Nicolas Schmit getroffen. Er ist zuständig für die Themen Beschäftigung und Soziale Rechte. Wie war das für sie und hat sich die Reise gelohnt? Ein Interview.

 

Du hast am 9. Dezember mit tausenden Kolleg*innen aus Europa für eine gemeinsame Sache demonstriert. Wie war das für dich, nach Brüssel zu fahren?

Es war neu und aufregend. Aber es war sehr schön zu sehen, dass man in Europa nicht alleine ist. Man hat zu Hause immer das Gefühl, dass noch nicht alle in den Köpfen so weit sind. An dem Tag habe ich gesehen, wir sind eine große Gruppe verschiedener Menschen und die haben in ganz Europa das gleiche Problem wie wir.

Wie lief das denn vor Ort ab?

Wir haben uns vor dem EPSU-Hauptgebäude getroffen, also der European Public Service Union, auf Deutsch EGÖD. Da hat man an den Farben schon gesehen, woher wer kommt, ver.di mit Fahnen in Rot und Weiß zum Beispiel, die ver.di-Jugend war auch da. Das sah sehr schön aus, von Weitem schon, wie viele unterschiedliche Menschen aus unterschiedlichen Gewerkschaften da zusammengekommen sind. Es hat Spaß gemacht, andere Leute kennenzulernen, alle mit dem gleichen Ziel.

Wir sind dann über eine Hauptstraße zum Europäischen Parlament gezogen. Dort gab es auf dem Vorplatz noch Reden, bevor wir reingegangen sind. In unserer Delegation waren Kolleg*innen aus Spanien, Portugal, Frankreich, Österreich und Belgien, und Nicolas Schmit hat uns alle begrüßt, mich als „Vertretung aus Deutschland“. Das arbeitete erst einmal in meinem Kopf, ich als „Vertretung aus Deutschland“, mit 80 Millionen.

 

Wusstest du vorher, dass ver.di auch auf europäischer Ebene mitmischt?

Nein, tatsächlich nicht. Ich habe mich aber vorher erkundigt, was wir da so tun, und dabei erfahren, dass EPSU unser Dachverband in Europa ist.

Wie kam es dazu, dass du Teil der Delegierten-Gruppe warst und damit die „Vertretung aus Deutschland“?

Es gab vor kurzem Tarifverhandlungen zwischen ver.di und meinem Arbeitgeber und mir ist sehr wichtig, die Leute zu informieren und erst einmal aufzuklären – über ihre Rechte, Pflichten und Konsequenzen, damit jede*r eine freie Entscheidung treffen kann. So kam es, dass ich mit zur Streikleitung gehörte und in verschiedenen Verhandlungen saß, etwas zur Notdienstbesetzung. Und dann hat mich meine Gewerkschaftssekretärin angesprochen. Es gebe da eine Demonstration zum Personalmangel in Brüssel und da könne man mit Politiker*innen sprechen. Da war ich sofort begeistert, ich habe auch schon Jens Spahn und Karl Lauterbach angeschrieben, den ehemaligen und den aktuellen Bundesgesundheitsminister, weil ich mich gern mal mit ihnen unterhalten und ihnen unsere Sichtweise erzählen würde. Wie es ist, ganz normal auf Station zu arbeiten.

Ich hoffe, dass die Damen und Herren Gesundheitsminister*innen, die da waren, uns wahrgenommen haben. Zumindest hat Nicolas Schmit schon mal meinen Namen gehört und ich konnte auch etwas sagen bei dem Treffen.

 

Und was hast du gesagt?

Zuerst hat Jan Willem Goudriaan, der Generalsekretär der EPSU, unsere Forderungen genannt und dann gab es eine kleine Diskussion. Gerade die Kolleg*innen aus Portugal, Frankreich und Spanien haben sich sehr eingebracht gegen die Kommerzialisierung und den hohen Personalnotstand. Da sprach Herr Schmit mich an, wie das denn in Deutschland läuft. Wir hätten ja jetzt Personaluntergrenzen. Also haben wir über die damit verbundenen Schwierigkeiten gesprochen. Sie sind ja eine Art unterste Haltelinie, nicht mehr. Das bringt keine Entlastung. Dafür braucht es eine bedarfsgerechte Personalbemessung, die Ende des Jahres gesetzlich auf den Weg gebracht worden ist.  

Würdest du so eine Reise wieder unternehmen, um als ver.di-Mitglied für deine Sache zu kämpfen?

Ja! Ich sag immer, ich bin für Veränderung, und würde nie nur meckern. Man muss es probieren.

Veröffentlicht am 18. Januar 2023

 
 

Kontakt

  • Dietmar Erdmeier

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