Sozialer Dialog

Muskel-Skelett-Erkrankungen sind Thema

25.03.2014
Margret Steffen

In Europa und in Deutschland zählen Muskel-Skelett-Erkrankungen zu den häufigsten Berufskrankheiten. Es gibt umfangreiche Erkenntnisse über die Ursachen und  die Möglichkeiten der Prävention. Die EU-Kommission hat die Bekämpfung dieser Berufskrankheit zu einem zentralen Thema des Arbeitsschutzes gemacht und auch im Rahmen der „Gemeinsamen deutschen Arbeitsschutzstrategie“ sind Muskel-Skelett-Erkrankungen Thema Nr. 1.

Die große Frage für viele Experten aus den Betrieben und Gewerkschaften lautet jedoch: Warum werden präventive Maßnahmen sowohl von Management als auch Belegschaften nicht angenommen? Welche Maßnahmen und Instrumente sinnvoll sind, welche Erfahrungen in den Betrieben dazu gesammelt werden konnten, dazu berichten wir an dieser Stelle.

 
Aus der Konferenz

Muskel-Skelett-Erkrankungen auch im Sozialen Dialog Krankenhäuser   

Bericht über die Arbeitskonferenz Muskel-Skelett-Erkrankungen in Paris: Dr. Margret Steffen, ver.di, Päsidentin des  Sozial- und Gesundheitsausschusses im EGÖD                

Im sozialen Dialog Krankenhäuser haben der Europäische Gewerkschaftsverband für den öffentlichen Dienst (EGÖD) und der Arbeitgeberverband HOSPEEM beschlossen, das große Thema der Muskel-Skelett-Erkrankungen (MSE) anzugehen. Im Mittelpunkt des Dialogs stehen dabei Maßnahmen und gute Beispiele, die dazu beitragen, präventiv Muskel-Skelett-Erkrankungen vorzubeugen. In Europa zählen diese zu den häufigsten Berufskrankheiten und es gibt umfangreiche Erkenntnisse über die Möglichkeiten der Prävention. Die große Frage für viele Experten aus den Betrieben und Gewerkschaften lautet jedoch: Warum werden präventive Maßnahmen sowohl von Management als auch Belegschaften nicht angenommen?

Damit Prävention in den Betrieben des Gesundheitswesens gelebt werden kann, haben sich HOSPEEM und EGÖD darauf verständigt, gerade die Umsetzung präventiver Maßnahmen zur Rückengesundheit und zur Verhinderung von MSE in den Mittelpunkt ihrer Bemühungen zu stellen. Auswirkungen von MSE am Arbeitsplatz sollen beurteilt und Maßnahmen identifiziert werden, die zur Verhinderung und Bewältigung von MSE wirkungsvoll beitragen und zu einer besseren Gestaltung von Arbeitsplätzen und Arbeitsbedingungen führen. Dabei kommt es darauf an, zwischen den Partnern ein gemeinsames Verständnis über die Herausforderungen zu erreichen und auf dieser Grundlage mögliche Lösungsansätze zu entwickeln, die in einem zweiten Schritt auch in den neuen strategischen Rahmen der EU für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit eingebracht werden sollen.

Dazu haben HOSPEEM und EGÖD am 25. Februar in Paris eine Fachtagung mit Expert/innen aus den Betrieben, Gewerkschaften, Vertreter/innen der Arbeitgeber und der Wissenschaft durchgeführt. Und die erste Erkenntnis – und das ist keine Überraschung: MSE finden sich in allen europäischen Ländern in unterschiedlichem Ausmaß in den Krankenhäusern und auch Pflegeeinrichtungen. Das Ausmaß der Erkrankungen ist abhängig von Alter und Geschlecht der Beschäftigten. In Einrichtungen, die kontinuierlich an ihren Arbeitsbedingungen und der Prävention arbeiten, ist der Gesundheitszustand der Beschäftigten in der Regel besser und damit die Personalkosten geringer. Und die zweite Erkenntnis: Prävention braucht Zeit, die richtigen Instrumente und die richtige Einweisung. Denn Beschäftigte haben oftmals nicht genug Zeit, präventive Maßnahmen am Arbeitsplatz zu leben, in den Räumlichkeiten der Krankenhäuser ist oftmals nicht genug Platz, um die zur Verfügung stehenden Hilfsmittel zu nutzen, die Wege sind zu lang und die Hilfsmittel sind nur bedingt in die Bewegungsabläufe einzubauen, die z.B. ein Team für das Umbetten von Patient/innen benötigt.

 
Aus der Konferenz

Gut gemeint – so scheint es vor allem – ist noch nicht gut gemacht. Wenn also Prävention und die Bekämpfung von MSE wirkungsvoll in den Betrieben ankommen sollen, dann sind vor allem Ideen gefragt, die auf eine gemeinsame win-win-Situation“ für Beschäftigte und Management hinauslaufen. Und das heißt:

  • Gute Arbeitsbedingungen beginnen mit den baulichen Begebenheiten eines Arbeitsplatzes. Damit Hilfsmittel von den Beschäftigten überhaupt genutzt werden können, sind Patientenzimmer so zu gestalten, dass Platz und Spielraum für die Hilfsmittel zur Verfügung stehen. Zu den räumlichen Lösungen gehört auch die Frage, welche Wegstrecken auf einer Station zurückzulegen und ob die für die Pflege notwendigen Hilfsmittel ohne Schwierigkeiten zu erreichen sind.
  • Gute Arbeitsbedingungen beginnen mit einem kontinuierlichen Verbesserungsmanagement. Hier gilt es, Lösungen von Beschäftigten aufzugreifen und zu erproben und, wenn möglich, im gesamten Betrieb auch umzusetzen. Im Mittelpunkt eines solchen Verbesserungsprozesses stehen oft die Arbeitsorganisation und die Arbeitszeitgestaltung, es braucht Qualifizierung und technische Hilfsmittel. Notwendige Investitionen rentieren sich schnell.
  • Gute Arbeitsbedingungen beginnen mit Information, Beratung und Training – und das wiederholt, kontinuierlich und während der Arbeitszeit. Die Reduzierung von MSE ist schon durch die Nutzung kleiner Hilfsmittel möglich. Für die Umsetzung einer guten Prävention sind der achtsame Umgang im gemeinsamen Handeln und ein geübter Umgang mit unterstützenden Hilfsmitteln wichtig. Dies will gelernt sein.
  • Und nicht zuletzt: Gute Arbeitsbedingungen beginnen mit einem sozialen Dialog auf Augenhöhe. Und das bedeutet: Aus gut gemeint wird dann auch gut gemacht!

 

Kontakt

  • Dietmar Erdmeier

    Be­rufs­ge­nos­sen­schaft Ge­sund­heits­dienst und Wohl­fahrts­pfle­ge (BGW), Ar­beits- und Ge­sund­heits­schutz

    030/6956-1815