Das BMBF startet heute mit einer Konferenz den Beteiligungsprozess zum Wissenschaftszeitvertragsgesetz (WissZeitVG). Wir sind dabei – und wir haben klare Forderungen, die wir gemeinsam mit einem breiten Bündnis präsentieren. Für uns ist klar: Die erste Novelle des WissZeitVG ist gescheitert. Deshalb ist unser gemeinsames Statement ein Plädoyer für eine grundlegende Reform des Befristungsrechts in der Wissenschaft.
Das folgende Statement wird getragen von folgenden Organisationen:
Die erste Novelle des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes ist gescheitert!
Plädoyer für eine Reform des Befristungsrechts
Die Wissenschaft in Deutschland ist in einer Krise und merkt es nicht. Es ist eine Krise des verschwendeten Potenzials ‒ eine Krise, die auf Kosten derjenigen ausgetragen wird, die das System maßgeblich tragen: der Wissenschaftler:innen ohne Professur. Unsicherheit und Zukunftsängste, Stress und zugespitzte Abhängigkeitsverhältnisse prägen den Alltag von Wissenschaft als Beruf. Obwohl inzwischen der Großteil von Forschung und Lehre von Wissenschaftler:innen ohne Professur gestemmt wird, sind verlässliche Arbeitsverhältnisse und berechenbare Perspektiven in der Regel nur für Professor:innen vorgesehen.
Wie produktiv könnte unsere Wissenschaft sein, wenn sie das Potenzial, das in unserem wissenschaftlichen Personal steckt, voll heben würde?
Wissenschaft ist nicht zuletzt Denkarbeit, Experimentieren und kritisches Hinterfragen. Doch das braucht Zeit ‒ und lässt sich mit Hektik und Zukunftsangst nur unter Qualitätsverlusten und Selbstausbeutung verbinden. Die Eigenheiten des akademischen Karriereweges betreffen dabei nicht alle gleich. Nach wie vor haben Machtverhältnisse anhand von Faktoren wie race, class, gender und abilty einen prägenden Einfluss auf Zugänge, Berufswege und Karrierechancen in der Wissenschaft.
Die Arbeitsverhältnisse der Promovierenden und Postdocs werden heute überwiegend nach dem Wissenschaftszeitvertragsgesetz (WissZeitVG) geregelt. Dieses Gesetz wurde 2016 novelliert und der Einfluss dieser Novelle auf die Arbeitsverhältnisse in mehreren (im letzten Monat) publizierten Studien untersucht. Die Ergebnisse sind ernüchternd: Eine Trendwende hin zu mehr unbefristeten Arbeitsverhältnissen ist ausgeblieben, der Anteil der Kurzzeitverträge mit Laufzeiten von einem Jahr oder weniger wurde nicht nachhaltig reduziert. Qualifikationszeiten sind von den Vertragslaufzeiten nicht annähernd gedeckt. Die Instrumente des Nachteilsausgleichs entfalten keine verlässliche Wirkung. Die unterzeichnenden Organisationen sind deshalb überzeugt, dass jetzt eine mutige und grundlegende Reform des Sonderbefristungsrechts für die Wissenschaft notwendig ist.
Eckpunkte für mehr Planbarkeit und Chancengleichheit der Berufswege in der Wissenschaft:
veröffentlicht/aktualisiert am 27. Juni 2022
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