Das Finale ist eröffnet. Am Dienstag begann in Köln die entscheidende Verhandlungsrunde zur Entlastung des Personals an den sechs Universitätskliniken in Nordrhein-Westfalen. Wie ernst es den Delegationen der Klinikbelegschaften ist, nach mehr als sieben Wochen Streik schnell zu einem befriedigenden Ergebnis zu kommen, demonstrierten sie unmittelbar am Verhandlungsort, indem sie eine Zeltstadt vor der Uniklinik aufschlugen. Ihre Botschaft: »Wir sind 24 Stunden verhandlungsbereit!« Doch die Beschäftigten sind auch weiter kampfbereit. Das zeigten zur gleichen Zeit mehrere hundert Streikende aus allen sechs Kliniken, die mit einer lautstarken Demonstration durch Münster zogen.
»Wir sind der Auffassung, dass wir diese Woche einen Durchbruch in den Verhandlungen schaffen können – wenn die Klinikleitungen es ernst meinen«, erklärte die ver.di-Landesleiterin Gabriele Schmidt bei einer Pressekonferenz im Kölner Streikzelt. »Die Kolleginnen und Kollegen aus den Kliniken haben Schlafsack und Luftmatratze mitgebracht, um deutlich zu machen, dass sie rund um die Uhr für Verhandlungen zur Verfügung stehen. Überstunden sind sie ja gewohnt.« Für die Klinikchefs gilt das aber offensichtlich nicht. Obwohl sie öffentlich immer wieder betonen, welch dramatische Auswirkungen der Streik auf die Krankenversorgung in NRW habe, waren sie nicht bereit, die Verhandlungen bereits am Wochenende aufzunehmen.
Schlimmer noch: Vor dem Finale fielen die Klinikmanager*innen vor allem durch Foulspiele auf. So versuchte die Leitung der Bonner Uniklinik am Montag vergangener Woche, eine einstweilige Verfügung gegen den Streik zu erwirken – und erlebte vor dem Arbeitsgericht eine krachende Niederlage. »Der Klinikvorstand sollte die Entscheidung zum Anlass nehmen, den Konfrontationskurs gegen die eigenen Beschäftigten zu beenden und stattdessen am Verhandlungstisch für gute Tarifregelungen zur Entlastung des Personals sorgen«, hatte Schmidt daraufhin an die Manager*innen appelliert. Stattdessen starteten diese einen weiteren Sabotageversuch, indem sie dem Beamtenbund einen Tarifvertrag anboten, um einen Abschluss mit ver.di zu verhindern – was ebenfalls scheiterte.
»Solche Spielchen sind nicht gerade ein Indiz dafür, dass die Klinikleitungen ernsthaft an einer Lösung interessiert sind«, kommentierte Schmidt. Das zeigt sich bislang auch in den Angeboten. Zwar haben die Kliniken Verbesserungen bei der »Pflege am Bett« in Aussicht gestellt, die von den Krankenkassen voll refinanziert wird. Für alle anderen Beschäftigten haben sie aber völlig unzureichende oder gar keine Angebote gemacht. So soll zum Beispiel in den Notaufnahmen alles beim Alten bleiben. »Es kann aber nicht bleiben, wie es ist, das ist untragbar«, kritisierte die Krankenpflegerin Carolin Heitmann, die in der Zentralen Notaufnahme der Essener Uniklinik arbeitet. Eindrücklich schilderte sie, was es bedeutet, wenn bei schweren Notfällen nicht genug Personal da ist. »Da geht es um Leben und Tod«, sagte sie und verwies auch auf wissenschaftliche Studien und Aussagen der Fachgesellschaften, wonach zu wenig Pflegepersonal in den Notaufnahmen die Sterblichkeit erhöht. »Die fehlende Empathie der Arbeitgebervertreter in den Verhandlungen finde ich erschütternd«, sagte die Pflegerin. »Es braucht gute Tarifregelungen für alle Bereiche, denn Krankenhaus ist Teamarbeit«.
Das betonte auch der Rettungssanitäter Steffen Schera, der im Patientenbegleitservice am Uniklinikum Bonn arbeitet. »Ein Krankenhaus ist wie ein großes Getriebe. Ist ein Zahnrad kaputt, geht es nicht weiter.« Doch für den Patiententransport und viele andere Bereiche gebe es bisher überhaupt keine Arbeitgeberangebote – »einfach gar nichts«. Statt zu streiken würde er gerne wieder arbeiten gehen, sagte der Rettungssanitäter, »denn ich liebe meinen Job«. Doch dafür brauche es das Entgegenkommen der Arbeitgeber und die Unterstützung der Landespolitik. Katharina Reichrath, die an der Kölner Uniklinik eine Krankenpflegeausbildung absolviert, appellierte ebenfalls an die Verantwortlichen in Politik und Management: »Zwingen Sie uns nicht, noch länger zu streiken!« Die Arbeits-, aber auch die Ausbildungsbedingungen müssten sich verbessern, um eine gute Versorgung zu gewährleisten.
Carolin Heitmann verwies darauf, dass alle demokratischen Landtagsparteien im Wahlkampf den Tarifvertrag Entlastung unterstützt haben. Jetzt müssten sie das einlösen und die Finanzierung der zusätzlichen Kosten fest zusagen, die nicht von den Krankenkassen übernommen werden. »Geben Sie jetzt Gas, um den Tarifvertrag Entlastung zu ermöglichen«, forderte die Krankenpflegerin.
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