Tarifvertrag Entlastung

4.163 Beschäftigte fordern Entlastung

Überwältigende Mehrheit der Beschäftigten am Uniklinikum Gießen und Marburg stellt ein 100-Tage-Ultimatum für einen Tarifvertrag Entlastung. Unternehmen will zügig verhandeln.
15.12.2022
UGKM-Beschäftigte stellen am 14. Dezember 2022 ein 100-Tage-Ultimatum für Entlastung

Mehr Personal – das ist das zentrale Anliegen der Beschäftigten am Universitätsklinikum Gießen und Marburg, kurz UKGM. Daher haben sie am 14. Dezember 2022 bei Kundgebungen vor beiden Klinikstandorten eine Absichtserklärung an die Landesregierung und das zur Rhön AG gehörende Unternehmen übergeben. 4.163 Beschäftigte stellen sich darin mit ihrer Unterschrift hinter die Forderung nach einem Tarifvertrag Entlastung – mehr als 70 Prozent aller betroffenen Kolleg*innen. Es ist der Start eines 100 Tage Ultimatums: Entweder es gibt bis zum 24. März ernsthafte Schritte zu einem Tarifvertrag oder es wird gestreikt. UKGM-Chef Dr. Gunther Weiß kündigte vor mehreren hundert Beschäftigten in Gießen an, »schnell und konstruktiv« über einen Entlastungstarifvertrag zu verhandeln.

ver.di-Bundesvorstandsmitglied Sylvia Bühler nannte die Aktion »ein deutliches Signal an die Arbeitgeber und die Politik«. Die UKGM-Belegschaft sei »Teil einer großen Bewegung für mehr Personal und Entlastung«. Bundesweit habe ver.di entsprechende Vereinbarungen bereits an 23 Großkrankenhäusern durchgesetzt, zum Teil mit wochenlangen Streiks. »Es wäre schön, wenn dies an Deutschlands einzigem kommerziell betriebenem Uniklinikum nicht nötig werde«, betonte Bühler. Wenn doch, werde die Gewerkschaft bundesweit alle Unterstützung leisten, um den Arbeitskampf zum Erfolg zu führen.

 
Hessens Wissenschaftsministerin Angela Dorn (Grüne) und ver.di-Bundesvorstandsmitglied Sylvia Bühler im Gespräch

Beschäftigte sehen Patient*innen gefährdet

Im Vorfeld der Kundgebungen hatten UKGM-Beschäftigte bei einer digitalen Pressekonferenz betont, dass sie sich vor allem um das Wohl der Patientinnen und Patienten sorgen. »Habe ich alle Medikamente ausgeliefert?« »Sitzt der todkranke Mann immer noch im Flur und wartet seit Stunden auf einen Fahrer oder eine Fahrerin, die ihn zurück auf Station bringt?« Oder: »Hoffentlich macht ein Schüler, der in der Pflege noch gar nicht ausgebildet ist, gerade keinen Fehler bei der Sauerstoffgabe.« Um das zu ändern, sollen per Tarifvertrag die Mindestzahl an Personal für Stationen und Bereiche festgeschrieben werden sowie ein Ausgleich in Form zusätzlicher Freizeit, falls die Vorgaben nicht eingehalten werden. Zudem fordern die Beschäftigten verbindliche Maßnahmen zur Verbesserung der Ausbildungsqualität.

Zugleich möchten sie mehr Sicherheit für die Kolleginnen und Kollegen in der Servicetochter des UKGM durchsetzen, die zum Beispiel für den Krankentransport und die Sicherheit zuständig sind. Sie sind von der in Eckpunkten geeinten Vereinbarung zwischen dem Land Hessen und der Rhön AG nicht erfasst, die den Ausschluss von Ausgliederungen und betriebsbedingten Kündigungen beinhaltet. Das Land sagt in der Vereinbarung, die bis Ende Januar unterschrieben werden soll, mindestens 800 Millionen Euro für Investitionen in den kommenden zehn Jahren zu.

 
Der Rhön-Vorstandsvorsitzende Prof. Dr. Tobias Kaltenbach und UKGM-Chef Dr. Gunther Weiß nehmen das Ultimatum von 4.163 Klinikbeschäftigten entgegen.

Wissenschaftsministerin verweigert Unterstützungsunterschrift

Hessens Wissenschaftsministerin Angela Dorn (Grüne) betonte bei der Kundgebung in Gießen, die Vereinbarung schaffe die Grundlage dafür, die Klinikstandorte zu sichern und die Beschäftigten zu entlasten. Sie weigerte sich aber, die Tarifbewegung der UKGM-Beschäftigten mit ihrer Unterschrift zu unterstützen – zum großen Unmut der Demonstrierenden. Andere Politiker*innen unterzeichneten hingegen. »Wir alle sind in der Verantwortung, wenn wir eine Gesundheitspolitik wollen, die den Menschen gerecht wird«, erklärte Gießens Oberbürgermeister Frank-Tilo Becher (SPD). Die SPD-Landtagsabgeordnete Nina Heidt-Sommer betonte, wenn das Land das UKGM mit Millionen unterstütze, müsse es auch Einfluss haben. Selbst der CDU-Landtagskandidat Frederik Bouffier stellte sich per Unterschrift hinter die Bewegung.

Im nächsten Schritt wollen die Beschäftigten ihre konkreten Forderungen für einen Tarifvertrag Entlastung zusammentragen, um möglichst bald Verhandlungen mit dem Arbeitgeber beginnen zu können. Die Teams auf den Stationen und in den Bereichen werden nun diskutieren, wie viel Personal nötig ist, um eine gute Versorgung bei guten Arbeitsbedingungen zu gewährleisten. Dann ist das UKGM am Zug.

 

veröffentlicht/aktualisiert am 15. Dezember 2022

 

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