Klinikpersonal entlasten

Fortschritte im Südwesten

Bei Tarifverhandlungen für Entlastung machen Baden-Württembergs Unikliniken Zugeständnisse. ver.di erhält Sonderkündigungsrecht nach sechs Monaten. Streiks vorerst abgesagt.
23.03.2018
Tarifkonflikt Uniklinika: Kundgebung am 25.01.2018 in Tübingen

 

Bei den Tarifverhandlungen für Entlastung an den vier baden-württembergischen Unikliniken ist eine Einigung erstmals in Sichtweite. Bereits seit einigen Wochen liegen Vorschläge auf dem Tisch, die detaillierte Regelungen für personelle Mindestbesetzungen sowie ein Ausfallmanagement beinhalten. Doch deren Verbindlichkeit mochten die Klinikleitungen bislang nicht garantieren. Erst nachdem die Beschäftigten in Ulm zwei Tage die Arbeit niederlegten und ver.di die Unikliniken in Freiburg, Heidelberg und Tübingen für Donnerstag und Freitag (22. und 23. März 2018) zum Warnstreik aufgerufen hatte, bewegten sich die Arbeitgeber in diesem Punkt. Sie haben ver.di ein Sonderkündigungsrecht nach sechs Monaten zugestanden. Bisher standen hier bis zu zwei Jahre im Raum. Zudem haben sie angeboten, ein verbindliches Ausfallmanagement umgehend nach Abschluss eines Tarifvertrages an den Uniklinikstandorten zu veröffentlichen und in Kraft zu setzen.

»Damit wäre ein Weiterwurschteln wie bisher vom Tisch«, kommentierte ver.di-Verhandlungsführerin Irene Gölz. »Wir hätten einen Tarifvertrag auf Bewährung. Entweder die Arbeitgeber halten sich dann in einer solchen kurzen Probezeit an die Vereinbarungen – dann kann so ein Tarifvertrag ein Erfolg werden. Oder sie reißen die zu vereinbarenden roten Linien ein. Dann werden wir am Ende des Jahres wieder vor der Tür stehen.« Ob die ver.di-Mitglieder auf das Angebot eingehen, wollen sie nach Beratungen an den vier Standorten Mitte April in der großen Tarifkommission entscheiden.

Als Reaktion auf die Bewegung des Arbeitgebers hat ver.di die angekündigten Streiks abgesagt. In Heidelberg und Freiburg gingen am Donnerstag und Freitag dennoch Beschäftigte auf die Straße, um für Entlastung zu demonstrieren. Empört sind die Kolleginnen und Kollegen über eine am Dienstag (20. März 2018) veröffentlichte Pressemitteilung, in der die Freiburger Klinikleitung ver.di aufforderte, den Streik zu verschieben. Darin hieß es, angesichts der vielen Influenzafälle sei das Krankenhaus »bereits jetzt in einer Ausnahmesituation« und die Patientenversorgung im Streikfall nicht mehr sichergestellt. »In der momentan angespannten Situation zu einem Streik aufzurufen, ist aber unverantwortlich und geschieht einzig zu Lasten der Patienten«, behauptete der Klinikchef Rüdiger Siewert.

Die Versammlung der Teamdelegierten am Uniklinikum Freiburg stellte sich daraufhin »geschlossen gegen die Aussage, unser Streik würde die Gefährdungssituation herbeiführen, sie ist schon lange da und deshalb streiken wir«. Wenn nachts eine Pflegekraft allein für 20 hochkomplexe Patientinnen und Patienten zuständig sei – wie es im Klinikalltag vorkommt – gefährde das sowohl die Patient/innen als auch die Gesundheit der Beschäftigten. Mit Verweis auf die Notdienstvereinbarung betonten die Teamdelegierten: »An vielen Stellen entspricht die Streikbesetzung der Besetzung, die in der Realität langsam zur Normalität wird.« Doch außerhalb eines Streiks interveniere das Klinikmanagement nicht dagegen.

Die ver.di-Landesfachbereichsleiterin Irene Gölz verwies darauf, dass die Gewerkschaft zuvor einen Streik in Heidelberg wegen der Grippewelle verschoben hatte. »Kaum haben wir abgesagt, fahren die Arbeitgeber das OP-Programm wieder nach oben, ohne Rücksicht auf die Belegungssituation.« Die mangelnde Versorgung von Patientinnen und Patienten sei nicht Ergebnis der Streiks, sondern der Grund für den Arbeitskampf, betonte die Gewerkschafterin. »Eines ist klar: In den letzten Tagen ist durch die Vorwürfe der Arbeitgeber an ihre Beschäftigten, die ihr Streikrecht wahrnehmen wollen, viel Vertrauen zerstört worden. Hier sind die Arbeitgeber nun echt gefordert.«

 

 

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