Recherche des Berliner Rundfunks zu Pflegepersonal-Untergrenzen zeigt: Die versprochene Entlastung kommt in den Kliniken nicht an. ver.di fordert eine bedarfsgerechte gesetzliche Personalbemessung.
Der Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb) und die Berliner Zeitung haben am 18. April 2019 eine gemeinsame Recherche zur Wirkung der Pflegepersonal-Untergrenzen veröffentlicht. Sie stützt sich unter anderem auf die Zahlen einer unfallchirurgischen Station aus dem Vivantes-Klinikum Berlin-Neukölln. In der Recherche wird deutlich: Die versprochene Entlastung tritt in vielen Kliniken nicht ein.
Zu Recht kommen die Pflegepersonal-Untergrenzen deshalb jetzt in die öffentliche Kritik. ver.di hat diese schon immer als Mogelpackung abgelehnt, denn sie verfestigen eine Unterversorgung und sind nicht bedarfsgerecht. Was wir brauchen ist die gesetzliche Personalbemessung.
Denn: Die verordneten Untergrenzen orientieren sich an den 25 Prozent der am schlechtesten besetzten Kliniken in Deutschland – und nicht etwa am eigentlichen Pflegebedarf. Außerdem gelten die Untergrenzen nur für die vier Bereiche Intensivmedizin, Geriatrie, Unfallchirurgie und Kardiologie. Dabei werden Stationen immer öfter interdisziplinär belegt. Verschiebebahnhöfe sind vorprogrammiert und Schlupflöcher leicht gefunden: Etwa durch das Verlegen von Patient*innen oder das Zusammenlegen von Stationen können die Vorgaben umgangen werden. So auch im erwähnten Berliner Krankenhaus: Wenn auf der Kardiologie-Station nicht genug Pflegekräfte verfügbar sind, wird kurzerhand Personal von anderen Stationen abgezogen – und in der untergrenzenpflichtigen Kardiologie eingesetzt, erzählt eine Pflegekraft. In den ausgedünnten Stationen wird die Not dann besonders spürbar. Derlei Personalverlagerungen sind eigentlich untersagt, doch bislang gibt es keine Konsequenzen.
Die Berichterstattung informiert ebenfalls über den im März 2019 erzielten Tarifvertrag für Entlastung im Städtischen Klinikum Brandenburg/Havel: Er gilt nicht nur für vier Stationen, sondern für das gesamte Krankenhaus, und schreibt deutlich bessere Betreuungsschlüssel vor.
Bereichsleiterin Gesundheitswesen/Gesundheitspolitik
030/6956-1810
grit.genster@verdi.de