Vor genau 143 Tagen haben die Beschäftigten der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) ihrem Arbeitgeber Tarifforderungen für Entlastung übergeben. Land und Klinikleitung ließen erst ein 100-Tage-Ultimatum und dann weitere Wochen ungenutzt verstreichen. Seit weniger als zwei Wochen wird ernsthaft verhandelt. Nun liegt ein erstes Arbeitgeberangebot vor, das weit hinter den an anderen Unikliniken erreichten Tarifvereinbarungen zurückbleibt. Die Antwort der in ver.di organisierten Beschäftigten ist eine doppelte: Sie wollen schnell und konstruktiv am Verhandlungstisch Lösungen finden; zugleich erhöhen sie den Druck, indem sie die Urabstimmung über einen unbefristeten Streik starten.
»Der Arbeitgeber hat grundsätzlich akzeptiert, dass schichtgenaue, bedarfsgerechte Personalbesetzungen in den Bereichen festgeschrieben werden und dass Beschäftigte, die dennoch in unterbesetzten Schichten arbeiten müssen, einen Belastungsausgleich in Form zusätzlicher freier Tage erhalten sollen – das ist schon mal gut«, sagt ver.di-Landesbezirksleiterin Andrea Wemheuer am Donnerstag (26. September 2024). »Inhaltlich aber ist das erste Arbeitgeberangebot enttäuschend und weit davon entfernt, die nötigte Entlastung zu bringen.«
Erst nach zehn belastenden Situationen sollen Beschäftigte demnach eine zusätzliche Freischicht erhalten. Zudem will der Arbeitgeber die Zahl der jährlich möglichen Entlastungstage begrenzen. »Insgesamt wäre das schlechter als diejenigen Entlastungstarifverträge, die an anderen Universitätskliniken vereinbart wurden«, kritisierte der Auszubildende Meret Spengler, der sich in der ver.di-Tarifkommission engagiert. »Dass die Arbeitgeberseite das so anbietet, zeigt, dass wir nun den Druck erhöhen müssen.«
Bis zum 8. Oktober sind die ver.di-Mitglieder an der MHH dazu aufgerufen, über einen unbefristeten Streik abzustimmen. Land und Klinikleitung gibt das fast zwei Wochen Zeit, sich ernsthaft auf ihre Beschäftigten zuzubewegen. Die Verhandlungen sollen in den kommenden Tagen intensiv fortgesetzt werden. »Es liegt am Arbeitgeber, nun schnell zu einer guten Vereinbarung zu kommen und so weitere Belastungen für die Patientinnen und Patienten zu vermeiden«, betonte David Matrai, der bei ver.di in Niedersachsen für das Gesundheitswesen zuständig ist. »Wir sind dazu bereit.«
Lange hatten die Arbeitgeber darauf beharrt, lediglich mit dem Personalrat eine Dienstvereinbarung zur Entlastung aushandeln zu wollen. »Wir haben immer klargemacht, dass wir eine verbindliche, von ver.di ausgehandelte und individuell einklagbare Vereinbarung brauchen«, erklärte Matrai. »Die Kolleginnen und Kollegen an der MHH sind angetreten, bei ihren Arbeitsbedingungen mitzureden. Bei Verhandlungen über eine Dienstvereinbarung wären sie wieder außen vor gewesen.« Den Zahn der Dienstvereinbarung haben die Klinikbeschäftigten der Landesregierung mittlerweile gezogen. Seit Mitte September wird über »wirksame, verlässliche, rechtssichere und individuell einklagbare Entlastungsregelungen« verhandelt. In welcher Form diese festgeschrieben werden sollen, ist noch offen.
Vertreter*innen der Landesregierung aus SPD und Grünen, aber auch der demokratischen Opposition hatten zuletzt immer wieder beteuert, eine wirksame Entlastung des Krankenhauspersonals herbeiführen zu wollen – so zum Beispiel Mitte August vor hunderten Beschäftigten im Hannoveraner Arminia-Stadion. Dieser verbalen Unterstützung müssten nun Taten folgen, forderte Matrai. »Die Landesregierung muss nun ausreichende finanzielle Mittel für eine wirksame Regelung an der MHH zur Verfügung stellen. Hier sind nicht zuletzt der Ministerpräsident und der Finanzminister gefragt.«
Landesfachbereichsleiter Niedersachsen-Bremen
0511 / 12 400 250
david.matrai@verdi.de
ver.di Bundesverwaltung