Streikende in Unikliniken Düsseldorf und Essen bekommen Unterstützung von Patienten und aus der Bevölkerung. Auch in Homburg startet Urabstimmung über Erzwingungsstreik.
Die Streikbewegung für Entlastung im Krankenhaus nimmt weiter Fahrt auf. Seit Montag (11. August 2018) sind die ver.di-Mitglieder am Uniklinikum des Saarlandes zur Urabstimmung über einen Erzwingungsstreik aufgerufen. Ihre Kolleginnen und Kollegen an den Universitätskliniken Düsseldorf und Essen setzen ihren Arbeitskampf derweil unvermindert fort. Aus der Bevölkerung schlägt ihnen eine Welle der Solidarität entgegen.
»Wir sind empört über die skandalöse Überlastung und Überforderung des Personals, über extrem mangelnde Entlohnung, über unhaltbare Arbeitsbedingungen.« So steht es in einem offenen Brief an die Leitung der Düsseldorfer Uniklinik, der diese Woche in verschiedenen Regionalzeitungen als Anzeige erscheint. Unterzeichnet haben ihn 135 aktuelle oder ehemalige Patient/innen der Klinik sowie 67 weitere Unterstützer/innen, die in anderen Krankenhäusern Erfahrungen mit der Personalnot machen mussten (siehe unten).
»Im vergangenen Jahr war ich als Patient in fünf verschiedenen Krankenhäusern, da habe ich die Zustände hautnah miterlebt«, erklärt Axel Köhler-Schnura, warum er die Initiative zum offenen Brief ergriffen hat. »Die Pflegekräfte sind ständig in Hektik, haben keine Zeit, Dinge zu erklären, sind immer im Laufschritt.« Sie müssten daher dringend entlastet und auch deutlich besser bezahlt werden, meint der Düsseldorfer. »Die Streikenden kämpfen nicht nur für sich, sondern auch für eine gute Versorgung. Deshalb stehe ich voll und ganz hinter ihnen.«
Auch in Essen treffen die Streikenden fast überall auf positive Resonanz. So als sie am Montag (6. August 2018) alle Krankenhäuser der Stadt besuchten. Einige Tage darauf fuhr eine Delegation ins 40 Kilometer entfernte Rheinberg, wo sie die Beschäftigten des Amazon-Versandzentrums über den Arbeitskampf informierten. »Die Kolleginnen und Kollegen dort wehren sich ebenfalls mit ver.di gegen miese Arbeitsbedingungen. Ich finde es wichtig, diese Kämpfe miteinander zu verbinden«, erklärt Alexandra Willer von der Streikleitung der Essener Uniklinik. Die Krankenpflegerin hält den große Zuspruch von außen für sehr wichtig. »Das ermutigt die Kollegen und zeigt, dass sie Teil einer größeren gesellschaftlichen Auseinandersetzung sind.«
Eine sichtbare Ermutigung war auch, dass am Donnerstag (9. August 2018) gut 500 Menschen in Essen zu einer sehr lauten und bunten Solidaritäts-Demonstration zusammenkamen. »Vor der Demo wurden im Streikzelt Solidaritätsbotschaften verlesen. Das waren so viele – das hat überhaupt nicht mehr aufgehört«, freut sich Willer. Nicht nur Kolleg/innen aus Krankenhäusern der Region, sondern auch aus Metall- und Verkehrsbetrieben sowie von politischen Organisationen bekundeten ihre Unterstützung.
Die Streikbeteiligung ist sowohl in Essen als auch in Düsseldorf mit täglich über 500 Beschäftigten weiterhin stabil. »Die Arbeitgeber sollten sich nicht einbilden, dass das irgendwann abbröckelt. Die Leute sind fest entschlossen, so lange weiter zu machen, bis es einen Tarifvertrag zur Entlastung gibt«, betont Katharina Schwabedissen vom ver.di-Landesbezirk NRW. In den kommenden Tagen wollen die Aktivist/innen verstärkt bei der Kommunal- und Landespolitik für Unterstützung werben. »Es kann nicht sein, dass die verantwortlichen Politiker bei so einem Konflikt in landeseigenen Kliniken abtauchen«, so Schwabedissen. »Sie müssen Position beziehen und die Vorstände dazu bewegen, endlich für mehr Personal und Entlastung zu sorgen.«
Saarland: Ultimatum abgelaufen, Urabstimmung beginnt
Dieses Ziel haben auch die ver.di-Mitglieder des Homburger Uniklinikums, die bis zum 11. September 2018 über einen unbefristeten Streik abstimmen. »Wir fordern die Geschäftsführung letztmalig auf, mit uns zum Thema Entlastung zu verhandeln. Wir nehmen unser Ultimatum ernst«, erklärt ver.di-Verhandlungsführer Frank Hutmacher. Die Teamdelegierten der saarländischen Universitätsklinik hatten ihrem Arbeitgeber und der Politik ein 100-Tage-Ultimatum gestellt, konkrete Maßnahmen zur Entlastung zu beschließen. Da nicht geschah, machen die Kolleginnen und Kollegen jetzt ernst.
Statt endlich ein ernsthaftes Angebot für einen Entlastungs-Tarifvertrag vorzulegen – den ver.di seit November 2016 fordert – hat der Klinikvorstand dem Personalrat eine Dienstvereinbarung angeboten. »Das wirkt wie eine Verzögerungstaktik«, kommentiert der Gewerkschafter Hutmacher. »Ein Tarifvertrag hat eine rechtsverbindlich einklagbare Wirkung. Er kann besser überwacht und Verstöße können sanktioniert werden. Die Beschäftigten brauchen jetzt Entlastung. 2020 oder später – ist zu spät!« Diese Jahreszahl gehe aus dem von der Geschäftsführung vorgelegten Entwurf einer Dienstvereinbarung hervor.
ver.di-Landesbezirksleiter Michael Blug appelliert an die Landesregierung, sich positiv in die Tarifauseinandersetzung einzubringen. Die Behauptung der Klinikleitung, sie könne keinen Tarifvertrag abschließen, sei vorgeschoben. Die Gewerkschaft verweist in diesem Zusammenhang darauf, dass seit 2014 zwei Tarifverträge mit der Homburger Uniklinik abschlossen wurden. Und in einem Tarifvertrag von 2007 heißt es: »Jede Tarifvertragspartei kann jederzeit die Aufnahme von Tarifverhandlungen verlangen, auch wenn dieser Tarifvertrag nicht gekündigt ist.« Es sei nicht ersichtlich, warum sich an der Tariffähigkeit des Uniklinikums nun plötzlich etwas geändert haben sollte. »Wenn die Urabstimmung positiv ausgeht – wovon auszugehen ist – trägt der Vorstand die alleinige Verantwortung für Streikauswirkungen. Wir haben alle anderen Mittel ausgeschöpft«, betont Hutmacher. ver.di werde an der Forderung nach mehr Personal und Entlastung festhalten – und diese auch durchsetzen.
Patient/innen der Uni Klinik Düsseldorf auf der Seite des streikenden Personals: Für das Wohl der Patient/innen! Angemessene Entlohnung und Personalausstattung.
Wir sind bzw. waren Patient/innen der Uniklinik Düsseldorf. Wir wissen die Arbeit der Schwestern und Pfleger/innen, der Putz- und Haushaltskräfte, der Physiotherapeut/innen und anderen medizinischen Kräften, der Verwaltungsangestellten, der Ärztinnen und Ärzte und überhaupt aller, die den komplizierten, aber wichtigen Betrieb der Uniklinik am Laufen halten, sehr zu schätzen.
Wir sind empört über die skandalöse Überlastung und Überforderung des Personals, über extrem mangelnde Entlohnung, über unhaltbare Arbeitsbedingungen. Wir verurteilen, dass die Leitungen der Uniklinik und ihrer Tochtergesellschaften nicht dafür sorgen, dass genügend Personal zur Verfügung steht und in angemessener Sorgfalt und Qualität gearbeitet werden kann. Es ist ein Skandal, dass bei den Geschäftsführungen der Uniklinik Düsseldorf und ihrer Tochtergesellschaften betriebswirtschaftliche Überlegungen – Wirtschaftlichkeit, Rendite und Profit – im Zentrum stehen und nicht das Wohl der Patient/innen.
Wir erklären uns solidarisch mit den Streikenden der Uni-Klinik Düsseldorf und ihrer Tochtergesellschaften und unterstützen die Forderungen nach einem Tarifvertrag, der
Wir fordern die Leitungen der Uniklinik Düsseldorf und ihrer Tochtergesellschaften auf, die Forderungen des Personals zu erfüllen und damit für das Wohl der Patient/innen Sorge zu tragen.
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