Wenn Pflegekräfte mehr Personal und Entlastung fordern – wie aktuell an den Berliner Kliniken von Vivantes und Charité – heißt es von Arbeitgeberseite meist: »Wir würden ja gerne mehr einstellen, aber die Fachkräfte gibt es nicht.« Gibt es sie wirklich nicht? Eine im Februar 2020 von der Arbeitnehmerkammer Bremen vorgestellte Studie liefert Hinweise darauf, dass das nicht ganz stimmt. Diese wird nun auch bundesweit durchgeführt. Ehemaligen Pflegepersonen und Teilzeitkräfte sind aufgerufen, sich an der Befragung zu beteiligen.
Die Bremer Pilot-Studie weist darauf hin, dass examinierte Pflegekräfte durchaus vorhanden sind. Viele von ihnen haben ihren Beruf aber verlassen oder stellen ihre Arbeitskraft nur noch in Teilzeit zur Verfügung. Die entscheidende Erkenntnis der Befragung (ehemaliger) Pflegepersonen aber ist: Ein erheblicher Teil von ihnen wäre bereit, zurückzukehren bzw. ihre Arbeitszeit aufzustocken – wenn die Bedingungen dafür stimmen. Das heißt zum Beispiel: verlässliche Arbeitszeiten, mehr Zeit für hochwertige Pflege und menschliche Zuwendung sowie ein höheres Gehalt.
Die Bremer Autor*innen haben in einer »Potenzialabschätzung« hochgerechnet, wie viele zusätzliche Pflegestellen auf diese Weise besetzt werden könnten: Allein durch die Arbeitszeitaufstockung von Teilzeitkräften wären es deutschlandweit zwischen 92.000 und 170.000. Diese Hochrechnung auf Basis des Landes Bremen steht empirisch freilich auf eher wackeligen Beinen. Um noch aussagekräftigere Daten zu erhalten, haben sich die Arbeitnehmerkammern Bremen und Saarland mit dem Institut Arbeit und Technik (IAT) zusammengetan und eine bundesweite Befragung gestartet. Bis zum 17. Oktober 2021 können ehemalige Pflegepersonen oder Teilzeitkräfte hier den Fragebogen ausfüllen. »Wir unterstützen die Befragung ausdrücklich und fordern alle infrage kommenden Kolleg*innen auf, sich zu beteiligen«, sagt Matthias Gruß von ver.di. »Herauszufinden, unter welchen Bedingungen Pflegekräfte zurückgewonnen werden können, ist in unser aller Interesse. Denn in den Einrichtungen werden sie dringend gebraucht. Also: mitmachen!«