Es ist kein Geheimnis, wenn Fachleute einschätzen, das nur in jedem dritten Betrieb oder Einrichtung eine Gefährdungsbeurteilung vorliegt, die den Namen auch verdient. Eine Gefährdungsbeurteilung wird in beiden Säulen des dualen Arbeitsschutzrechts gefordert, im staatlichen Recht nach dem Arbeitsschutzgesetz und im berufsgenossenschaftlichen Recht nach der DGUV Vorschrift 1. Somit müssen sowohl die Aufsichtspersonen der Gewerbeaufsicht, als auch der Berufsgenossenschaften deren Umsetzung kontrollieren und unterstützen.
Die Gefährdungsbeurteilung betrachtet das gesamte Arbeitssystem, also die Arbeit selbst und deren Umfeld. Eine Gefährdungsbeurteilung ist kein einmaliges Ereignis, sondern ein „kontinuierlicher Verbesserungsprozess“, da kaum ein Arbeitssystem während seines Bestehens unverändert bleibt.
Eine Gefährdungsbeurteilung berücksichtigt alle elf Gefährdungsfaktoren. Bekannt sind dabei besonders mechanische Gefährdungen wie Absturz, stolpern, umknicken, elektrische Gefährdungen und Gefahrstoffe, biologische Arbeitsstoffe und physische Belastungen aufgrund von heben und tragen. Seit 2013 fordert das Arbeitsschutzgesetz den Arbeitgeber auch zur Berücksichtigung psychischer Gefährdungsfaktoren auf, denn psychische Erkrankungen und daraus resultierende gesamtgesellschaftliche Kosten steigen kontinuierlich an.
Der Begriff der Gefährdungsbeurteilung ist in den staatlichen Gesetzen und berufsgenossenschaftlichen Vorschriften ein Fachbegriff, der eindeutig besetzt ist!
Allerdings wird er immer wieder mit dem Begriff Gefährdungsanalyse verwechselt oder, sogar noch schlimmer, Gefährdungsanalyse wird als eigenständiger Begriff verwendet. Mit der Gefährdungsanalyse aber wird nur ein Schritt im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung erfasst: Die Analyse des Arbeitssystems, also des Arbeitsplatzes und seines Umfeldes. Also nur ein Schritt von insgesamt sieben, die zu einer Gefährdungsbeurteilung gehören!
Diese Unschärfe in der Wortwahl führt dann zu Unsicherheiten, ob neben einer Gefährdungsbeurteilung auch eine Gefährdungsanalyse notwendig sei. Dies kann man grundsätzlich verneinen. Denn die Gefährdungsbeurteilung umfasst mit allen ihren sieben Schritten auch die „Analyse“.
Diese Unschärfe in der Begrifflichkeit nutzen oftmals geschäftstüchtige Unternehmen. Sie suggerieren Betrieben und Einrichtungen einen Bedarf, der eigentlich längst erfasst und abgearbeitet ist. Daher ist eine Rückfrage beim Anbieter meist gar nicht erwünscht. Diese zielen vielmehr auf schnelles Geld, leider ohne Gewinn für die Versicherten, die Beschäftigten und die Arbeitgeber, die ja eine Gefährdungsbeurteilung und nicht nur eine „Analyse“ durchführen müssen
Europäische Gesundheitspolitik, Berufsgenossenschaft Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW), Live-In-Betreuung
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