ver.di-Stellungnahme zum Referentenentwurf des Bundesministeriums für Gesundheit
Entwurf eines Gesetzes zur Unterstützung und Entlastung in der Pflege (Pflegeunterstützungs- und –entlastungsgesetz – PUEG)
Eine zukunftsfähige, bedarfsgerechte pflegerische Versorgung bedarf einer entsprechenden pflegerischen Infrastruktur, einer soliden Finanzierung und gut ausgebildeten Personals mit guten Arbeitsbedingungen. Um dies zu erreichen, braucht es Mut für grundlegende Reformen und für eine Übergangsphase auch die Bereitschaft, entsprechende Steuermittel zur Verfügung zu stellen. Denn die Situation in der Langzeitpflege ist so dramatisch wie noch nie. Nachdem die Vorgängerregierung trotz einer Vielzahl finanzwirksamer Reformen eine grundlegende Stabilisierung der Pflegeversicherung versäumt hat, wurden durch die Ampelkoalition grundlegende Reformen angekündigt.
Der vorliegende Referentenentwurf wirkt angesichts eines drohenden Pflegekollapses erstaunlich mutlos und ist geprägt vom offensichtlichen Desinteresse an einer gut funktionierenden pflegerischen Versorgung, die ohne nachhaltige Finanzierung nicht möglich ist. Anders lässt sich die fehlende Bereitschaft nicht erklären, Steuermittel gezielt einzusetzen, um die soziale Pflegeversicherung (SPV) zu stabilisieren und im Koalitionsvertrag vereinbarte Maßnahmen zur Entlastung der SPV und der pflegedürftigen Menschen zu ermöglichen. Stattdessen werden die Kosten für eine bessere Personalausstattung oder dringend nötige Leistungsverbesserungen wie die Erhöhung des seit 2017 nicht mehr angepassten Pflegegeldes in Form von Beitragssatzerhöhungen auf die Versicherten abgewälzt. Während Beitragsersatzerhöhungen zeitnah erfolgen sollen, werden dringend benötigte Leistungsverbesserungen ins nächste Jahr verschoben. Die Tatsache, dass die Regierung eine Ermächtigung für weitere Beitragserhöhungen plant statt grundlegende Reformen anzugehen hat zur Folge, dass die Belastungen für Pflegebedürftige sowie pflegende An- und Zugehörige weiter steigen werden, wo doch dringend Entlastung notwendig wäre. Auch bei den Beschäftigten ist die Stimmung nach drei Jahren Pandemie auf einem neuen Tiefpunkt – immer mehr Pflegefachpersonen
drohen den Beruf zu verlassen, flüchten in Teilzeit- oder in Leiharbeit, die Arbeitsunfähigkeitsraten in der Langzeitpflege steigen weiterhin überproportional an, wie zuletzt in der Sonderauswertung des TK-Gesundheitsreports dargelegt. Die Personaldecke in Pflegeinrichtungen ist mittlerweile so dünn, dass krankheitsbedingte Ausfälle die Versorgung von pflegebedürftigen Menschen ernsthaft gefährdet. Ambulante Dienste nehmen aufgrund von Personalmangel oft keine Klient*innen mehr an, schränken Leistungen ein oder kündigen Verträge. Um diese Entwicklung zu stoppen fordert ver.di grundlegende Nachbesserungen und Ergänzungen am vorliegenden Gesetzentwurf.
veröffentlicht/aktualisiert am 7. März 2023
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