Diakonie Mitteldeutschland

Das Ziel bleibt: Tarifvertrag

Beschäftigte der Diakonie Mitteldeutschland stellen den »Dritten Weg« kircheninterner Lohnfindung auf die Probe. Sie setzen auf Transparenz und gewerkschaftliche Kraft.
12.03.2018

Die Arbeitsbedingungen der 29.000 Beschäftigten im Diakonischen Werk Mitteldeutschland weisen seit Jahren die gleichen Symptome auf, wie die anderer Einrichtungen des Gesundheits- und Sozialwesens: Die Belastung ist hoch, denn es sind zu wenig Zeit und Personal vorhanden. Hinzu kommt ein hoher Anteil Teilzeitbeschäftigung, die überwiegend Frauen betrifft. Viele würden gern mehr arbeiten, dürfen es aber nicht. In Bezug auf sachgrundlose Befristungen stellt es sich ähnlich dar, ihr Anteil ist hoch und in Zeiten des Fachkräftemangels nicht mehr nachvollziehbar. Erschwerend kommt hinzu, dass in Mitteldeutschland die Vergütung deutlich hinter dem Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes (TVöD) hinterherhinkt und je nach Beruf auch weit von den Arbeitsvertragsrichtlinien der Diakonie Deutschland (AVR DD) entfernt ist.

Wertschätzung, Lohngerechtigkeit und Erholung

Gleichwohl versuchen die Arbeitgeber in Mitteldeutschland weiterhin am so genannten Dritten Weg festzuhalten und behaupten, all die derzeit unbefriedigenden Bedingungen regeln zu können. Die Vertreterinnen und Vertreter der Beschäftigten in der Arbeitsrechtlichen Kommission haben sich deshalb dazu entschieden, dies auf die Probe zu stellen. Es ist nun an den Arbeitgebern, nicht nur zu behaupten, dass das Konsensprinzip des so genannten Dritten Weges in der Lage ist, für Wertschätzung und bessere Arbeitsbedingungen in Mitteldeutschland zu sorgen. Sondern sie erhalten nun die Gelegenheit, es auch umsetzen. Die Dienstnehmerseite der Arbeitsrechtlichen Kommission hat ein Forderungspaket geschnürt, dessen Umsetzung der geleisteten Arbeit der Beschäftigten gerecht werden würde. Es würde für mehr Wertschätzung, Lohngerechtigkeit und mehr Erholung der Beschäftigten der Diakonie in Mitteldeutschland sorgen. Gute Arbeit muss auch gleich vergütet werden. Aus diesem Grund gehören sowohl eine Angleichung der Löhne an vergleichbare Regelungswerke, als auch eine Arbeitszeitverkürzung zu der Forderung. Doch auch die Belastung bei der Arbeit muss reduziert werden, dazu zählt auch mehr Planungssicherheit für die Beschäftigten.

Die Forderungen

  • Lohnangleichung an die AVR DD
  • Verbindliche Anwendung der AVR für alle Dienstverhältnisse
  • Zusätzliche freie Tage für das Einspringen aus dem Frei
  • 7 Entlastungstage pro Jahr für Beschäftigte über 58 Jahre
  • Arbeitszeitverkürzung von 40 auf 39 Stunden pro Woche (bei vollem Lohnausgleich)
  • 30 Tage Erholungsurlaub für alle Beschäftigten
  • Anspruch auf Erhöhung der Arbeitszeit für Teilzeitbeschäftigte
  • Abschaffung sachgrundloser Befristungen
  • Geltung ab 01.01.2019

Die Vertreterinnen und Vertreter der Beschäftigten in der Arbeitsrechtlichen Kommission werden über den Fortgang der Verhandlungen informieren. Sie veröffentlichen im Anschluss der Sitzungen der Arbeitsrechtlichen Kommission „Kolleg*inneninfos“, die sich als Flugblatt direkt an die Beschäftigten der Diakonie Mitteldeutschland wenden und über den jeweiligen Verhandlungsstand informieren. Eines ist für die Dienstnehmerseite klar: Hinterzimmergespräche, wie sonst im so genannten Dritten Weg, wird es nicht geben. Sie verstehen sich als Vertreterinnen und Vertreter ihrer Kolleginnen und Kollegen in den Einrichtungen. Also werden sie eine Rückkopplung und Information sicherstellen, die eine Beteiligung und Teilhabe ermöglicht. Die erste Sitzung der Arbeitsrechtlichen Kommission findet am 28. Februar statt (noch vor dem Redaktionsschluss des Kirchen.infos Nr. 31).

Verweigerung der Arbeitgeberseite

Die Dienstnehmervertreterinnen und -vertreter in Mitteldeutschland sind 2015 mit dem Ziel in die Arbeitsrechtliche Kommission gewählt worden, sich für Tarifverträge einzusetzen und künftig auf diese Weise die Arbeitsbedingungen für alle Beschäftigten zu regeln. Die Vorteile liegen auf der Hand: Die darin beschriebenen Arbeitsbedingungen der Diakonie wären per Tarifvertrag verbindlich geregelt, anders als in den Arbeitsvertragsrichtlinien. Zudem wären die Beschäftigten selbst daran beteiligt, Forderungen zu den aus ihrer Sicht nötigen Verbesserungen der Arbeitsbedingungen aufzustellen. Das Ergebnis wäre eines, das ver.di mit den Arbeitgebern aushandelt. Auf Augenhöhe. Mit diesem Ziel und einem konkreten Prozessvorschlag sind die Vertreterinnen und Vertreter der Beschäftigten seinerzeit auf die Arbeitgeber zugegangen. Das Ergebnis war strikte Ablehnung. Auch der Landeskirchenrat hat erkannt, dass die Arbeitsrechtssetzung nicht mehr zukunftsfähig ist und hat eine Arbeitsgruppe aus Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertreter/innen eingesetzt, die Alternativen entwickeln sollte. Auch hier stieß der Vorschlag der Vertreterinnen und Vertreter der Beschäftigten, gemeinsam einen Prozess zu gestalten, an dessen Ende ein Tarifvertrag steht, erneut auf absolut keine Kompromissbereitschaft der Arbeitgeber. Der Auftrag des Landeskirchenrats wurde nicht erfüllt.

Machtfrage und Konsens

Das Signal ist eindeutig: Die Arbeitgeber wissen, dass sie in den Verhandlungen um Arbeits- und Lohnbedingungen in den Arbeitsrechtlichen Kommissionen im Vorteil sind. Deshalb halten sie daran fest, komme was wolle. Welche Möglichkeiten bleiben den Beschäftigten, wenn die Arbeitgeber ihren Lohnforderungen nicht nachkommen? Die Arbeitszeit nicht reduzieren wollen? Nicht mehr Urlaub gewähren wollen? Sie selbst haben keine Möglichkeiten. Sie müssen sich auf eine Zwangsschlichtung verlassen, die hinter verschlossenen Türen stattfindet und auf die sie selbst keinen Einfluss haben. Das hat nichts mit Konsens zu tun, wie es gern von der Diakonie kolportiert wird. Es geht hier – wie in jedem weltlichen Betrieb auch – um einen Interessengegensatz zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmerinnen bzw. Arbeitnehmern. Damit dieser auf Augenhöhe in Ausgleich gebracht werden kann, braucht es viele Kolleginnen und Kollegen, die sich gemeinsam für ihre Interessen einsetzen. Das macht eine starke Gewerkschaft in den diakonischen Betrieben aus – auch in Mitteldeutschland. ver.di ist an ihrer Seite, wenn die Beschäftigten sich für diesen Weg entscheiden.

 

Weiterlesen

1/12