Berlin, 05. Februar 2018
Die gemäß Verordnung nach § 140g SGB V als maßgeblich anerkannten Organisationen der Patientenvertretung, die Gewerkschaft ver.di und der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) begrüßen die Entscheidung des Gesetzgebers, das Problem der unzureichenden Pflegepersonalausstattung im Krankenhaus aufzugreifen, denn es besteht dringender Handlungsbedarf. Sowohl in der Fachdiskussion als auch in der Gesundheitspolitik wird davon ausgegangen, dass die Personalbesetzung in weiten Bereichen des Pflegedienstes der Krankenhäuser unzureichend ist. Dadurch kann eine bedarfsgerechte pflegerische Versorgung der Patienten nicht gewährleistet werden. Die hohe Arbeitsbelastung und der Mangel an Personal gefährden nicht nur Qualität der Patientenversorgung, sondern auch die Gesundheit der Beschäftigten. Die Personalausstattung ist der entscheidende Faktor für die Arbeitssituation der Beschäftigten; und die Arbeitssituation der Beschäftigten ist ausschlaggebend für die Qualität der Patientenversorgung – und damit auch für unsere Chancen, genügend Pflegepersonal zu gewinnen. Wie gut ein Krankenhaus behandelt, hängt ganz entscheidend davon ab, ob es ausreichendes und gut qualifiziertes Personal hat.
Die gegenwärtige Unterbesetzung ist vor allem Folge eines jahrelangen Personalabbaus. Bereits Anfang der 1990er Jahre wurde über einen „Pflegenotstand in Krankenhäusern“ diskutiert. Dennoch wurden nach einer kurzen Phase der Schaffung zusätzlicher Stellen mehrere Zehntausend Stellen abgebaut. Verschiedene Schätzungen gehen davon aus, dass es gegenwärtig in den Krankenhäusern bundesweit eine Unterbesetzung im Pflegedienst der Krankenhäuser in Höhe von ca. 70.000 oder sogar mehr als 100.000 Vollzeitkräften gibt (Simon 2015; ver.di 2017). Dies entspricht ca. 25 % bis über 30 % des gegenwärtigen Personalbestandes.
Eine Unterbesetzung im Pflegedienst der Krankenhäuser gefährdet die Gesundung und Sicherheit der Patienten, da Pflegepersonal infolge von Arbeitsüberlastung wichtige Tätigkeiten im Rahmen der Patientenversorgung nicht oder nicht in der erforderlichen Qualität durchführen kann. Zahlreiche internationale Studien haben zu dem Ergebnis geführt, dass eine Unterbesetzung im Pflegedienst das Risiko für Schädigungen der Patienten erhöht. Zusammenhänge zwischen der Personalbesetzung und einem erhöhten Risiko schwerer Komplikationen wurden insbesondere festgestellt für [1] :
Dabei ist festzuhalten, dass die genannten unerwünschten Ereignisse grundsätzlich bei allen Patienten - unabhängig von zuzuordnenden Fachabteilungen - auftreten können. Darüber hinaus ist bekannt, dass auch eine unzureichende Anleitung der Patienten bezüglich Umgang mit der Krankheit und Selbstfürsorge mit der Folge einer defizitären Gesundheitskompetenz zu vergleichbaren Komplikationen während und nach dem Krankenhausaufenthalt führen kann.
Werden schwere Komplikationen aufgrund einer Überlastung des Pflegepersonals zu spät oder gar nicht erkannt, kann dies sogar zum Versterben im Krankenhaus führen. In der internationalen Forschung wird diese Folge als »failure to rescue« bezeichnet und ist seit Jahrzehnten einer der zentralen Indikatoren für die Messung der Auswirkungen einer Unterbesetzung im Pflegedienst der Krankenhäuser. Angesichts dieser schwerwiegenden Gefahren, die von einer Unterbesetzung im Pflegedienst der Krankenhäuser ausgehen, sind Maßnahmen zur Sicherstellung einer ausreichenden Besetzung der Krankenhäuser mit Pflegepersonal dringend erforderlich.
Tatsächlich ist aber der reine Blick auf die Vermeidung von Patientengefährdung bei der Pflegepersonalbemessung im Krankenhaus nicht ausreichend. Gemäß § 70 SGB V sind sowohl die Krankenhäuser als auch die Krankenkassen verpflichtet, eine „bedarfsgerechte Versorgung“ der Patienten zu gewährleisten. Die bedarfsgerechte Krankenhausversorgung der Patienten hat mehr zu sein als die Vermeidung schwerer Komplikationen, sie hat gemäß § 39 SGB V alle Leistungen zu umfassen, die im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinische Versorgung der Versicherten im Krankenhaus notwendig sind. Dazu zählen ausdrücklich auch alle pflegerischen Leistungen, die nach dem allgemein anerkannten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse erforderlich sind (§§ 12, 39 und 70 SGB V).
Oberstes Ziel staatlicher Krankenhauspolitik hat gemäß § 1 Krankenhausfinanzierungsgesetz eine „qualitativ hochwertige, patienten- und bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung“ zu sein. Darüber hinaus definiert § 1 SGB V: „Die Krankenversicherung als Solidargemeinschaft hat die Aufgabe, die Gesundheit der Versicherten zu erhalten, wiederherzustellen oder ihren Gesundheitszustand zu bessern. Das umfasst auch die Förderung der gesundheitlichen Eigenkompetenz und Eigenverantwortung der Versicherten.“ Damit muss die Ausstattung an Pflegepersonal nicht nur die Abwendung vermeidbarer Schäden gewährleisten, sondern auch geeignet sein, alles notwendige und ausreichende bereitzustellen, um den Gesundheitszustand zu bessern und Eigenkompetenz im Umgang mit der Erkrankung zu fördern. Insofern sehen die unterzeichnenden Organisationen insbesondere die Politik und staatliche Behörden wie das Bundesministerium für Gesundheit in der Verantwortung für die Sicherstellung einer im Sinne des § 1 SGB V bedarfsgerechten Personalbesetzung im Pflegedienst der Krankenhäuser.
Der Gesetzgeber hat durch § 137i SGB V den Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Spitzenverband) und die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) beauftragt, bis spätestens zum 30. Juni 2018 eine vertragliche Vereinbarung über die Einführung Pflegepersonaluntergrenzen zu treffen. Entsprechende Verhandlungen und Beratungsrunden wurden Mitte 2017 begonnen, die bisherigen Ergebnisse dieser Verhandlungen sind jedoch ausgesprochen unbefriedigend.
Vor diesem Hintergrund sehen sich die Organisationen der Patientenvertretung, die Gewerkschaft ver.di und der Deutsche Gewerkschaftsbund veranlasst, ihre Positionen zu den gegenwärtig kontrovers diskutierten Fragen und anstehenden Entscheidungen in schriftlicher Form deutlich zu machen.
Position 1: Pflegepersonaluntergrenzen müssen für alle Krankenhausbereiche festgelegt werden, in denen Pflegepersonal in der direkten Pflege von Patienten tätig ist.
Der Gesetzesauftrag verlangt die Festlegung von Pflegepersonaluntergrenzen für sogenannte „pflegesensitive Bereiche“ im Krankenhaus. Als „pflegesensitive Bereiche“ gelten laut Gesetzesbegründung solche Krankenhausbereiche, in denen ein Zusammenhang zwischen der Personalbesetzung im Pflegedienst und der Ergebnisqualität besteht. Nach gegenwärtigem Stand der Verhandlungen sollen Pflegepersonaluntergrenzen nur für einige Fachabteilungen festgelegt werden. Dies ist jedoch nicht ausreichend.
Angesichts des Standes der internationalen Forschung ist davon auszugehen, dass sich eine Unterbesetzung im Pflegedienst in allen Krankenhausbereichen, in denen Pflegepersonal in der direkten Pflege von Patienten tätig ist, negativ auf Patientensicherheit und Ergebnisqualität auswirkt. Insofern ist es erforderlich, dass Pflegepersonaluntergrenzen für alle Krankenhausbereiche eingeführt werden, in denen Pflegepersonal in der direkten Pflege von Patienten tätig ist.
Werden Pflegepersonaluntergrenzen nur für einen Teil der Fachabteilungen oder Bereiche festgelegt, muss damit gerechnet werden, dass Pflegepersonal aus Bereichen abgezogen wird, für die keine Untergrenzen festgelegt wurden. Die Beschränkung der Einführung von Pflegepersonaluntergrenzen auf wenige Bereiche wäre folglich mit dem Risiko verbunden, dass sie zu einer Verschlechterung der Personalbesetzung in jenen Bereichen führt, für die keine Vorgaben gelten. Dies wiederum würde dem für alle Patienten formulierten Gesetzeszielen zuwider laufen.
Der Gesetzgeber hat diese Gefahr offensichtlich gesehen und verlangt, dass die Vereinbarung zur Einführung von Pflegepersonaluntergrenzen auch Regelungen enthalten soll, die solche Personalverschiebungen verhindern. Gegenwärtig ist jedoch noch nicht erkennbar, wie solche Regelungen aussehen könnten. Zudem erscheint es grundsätzlich zweifelhaft, ob solche Personalverschiebungen überhaupt wirksam verhindert werden können.
Zudem ist bei einer Beschränkung auf einen Teil der Fachabteilungen mit einem weiteren Problem zu rechnen. Zwar gibt es einen bundesweit einheitlichen Katalog an Fachabteilungsbezeichnungen, die tatsächlichen Fachabteilungsnamen in Krankenhäusern weichen jedoch vielfach davon oder von dem tatsächlichen Versorgungsspektrum der dort betreuten Patienten ab. Werden Pflegepersonaluntergrenzen nur für bestimmte Fachabteilungen mit bestimmten Bezeichnungen festgelegt, wird ein erheblicher Teil der fachlich sehr eng verwandten, aber mit anderen Fachabteilungsnamen benannten Abteilungen nicht erfasst, obwohl ihr Behandlungs- und Patientenspektrum weitgehend dem Profil der Fachabteilungen entspricht, für die Pflegepersonaluntergrenzen gelten sollen. Auch sind bewusste Umbenennungen von Fachabteilungen möglich. Außerdem werden seit einigen Jahren in zunehmend mehr Kliniken interdisziplinäre Abteilungen und Zentren gebildet sowie selbst fachabteilungsspezifische Stationen mit Patienten anderer Fachgebiete belegt. Die Beschränkung der Einführung von Pflegepersonaluntergrenzen auf bestimmte Fachabteilungen ist folglich nicht nur sachlich unangemessen, sie würde auch erhebliche und vermutlich nicht überzeugend lösbare Probleme der praktischen Umsetzung aufwerfen. Das geplante Vorgehen würde also umfangreiche und mit hohem bürokratischem Aufwand verbundene Kontrollmechanismen erfordern oder - mangels Durchsetzung - ins Leere laufen.
Position 2: Pflegepersonaluntergrenzen sind in einer Höhe festzulegen, die eine bedarfsgerechte Versorgung der Patienten gewährleistet.
Der in § 137i SGB V verwendete Begriff »Pflegepersonaluntergrenzen« darf nicht als Legitimation für Vorgaben auf sehr niedrigem Niveau interpretiert werden. Eine »Untergrenze« gibt lediglich einen Grenzwert an, der nicht unterschritten werden darf. Zur Höhe eines solchen unteren Grenzwertes enthält der Begriff keinerlei Aussage.
Sowohl das Sozialrecht als auch das Krankenhausrecht verlangen von den Krankenhäusern und Krankenkassen die Gewährleistung einer „bedarfsgerechten“ Versorgung, die alle für die Deckung des individuellen medizinisch-pflegerischen Bedarfs der Krankenhauspatienten notwendigen Leistungen umfassen muss. Eine bedarfsgerechte Krankenhausversorgung ist nur mit einer bedarfsgerechten Personalbesetzung zu erreichen, und dies gilt insbesondere auch für den Pflegedienst. Dabei sind Vorgaben in einer Höhe erforderlich, die nicht nur die Abwendung akuter Patientengefährdung gewährleistet, sondern auch eine bedarfsgerechte Förderung des Gesundheitszustandes und insbesondere der Anleitung der Versicherten zur Stärkung ihrer Eigenkompetenz beinhaltet. Pflegepersonaluntergrenzen sind folglich so festzulegen, dass die damit zu erreichende Personalbesetzung eine bedarfsgerechte Versorgung der Krankenhauspatienten im Sinne von § 1 SGB V gewährleistet.
Position 3: Pflegepersonaluntergrenzen sind als Pflegefachkraft-Patienten-Verhältniszahlen pro Schicht festzulegen.
Der Gesetzgeber hat in der Gesetzesbegründung eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass Pflegepersonaluntergrenzen als Verhältniszahlen festzulegen sind, die angeben, wie viele Patienten eine Pflegefachkraft pro Schicht maximal zu versorgen haben darf (international als »Nurse-to-Patient Ratios« bezeichnet). Eine Festlegung von Pflegepersonaluntergrenzen als im Jahresdurchschnitt vorzuhaltende Vollkräfte (Vollzeitäquivalente), wie sie gegenwärtig in den Verhandlungen diskutiert wird, stünde nicht im Einklang mit dem Gesetzesauftrag.
Ziel der Einführung von Pflegepersonaluntergrenzen ist laut Gesetzesbegründung die Verbesserung der Patientensicherheit. Dieses Ziel ist nur zu erreichen, wenn die geforderte Personalbesetzung tatsächlich ‚am Patienten’ verfügbar ist. Die dafür geeignete Kennzahl ist eine Verhältniszahl, die vorgibt, wie viele Pflegekräfte tatsächlich pro Schicht für die tatsächlich vorhandenen Patienten vorzuhalten sind.
Eine Vorgabe zur Zahl der auf dem Stellenplan aufgelisteten Vollkräfte im Jahresdurchschnitt ist zur Erhöhung der Patientensicherheit auch deshalb nicht geeignet, weil die Zahl der Vollkräfte laut Stellenplan lediglich Auskunft über die im Jahresdurchschnitt verfügbare Brutto-Arbeitszeit aller Beschäftigten gibt und somit auch alle Arbeitsausfallzeiten wie Urlaub, Krankheit, Schwangerschaft etc. mitzählt.
Position 4: Pflegepersonaluntergrenzen müssen jederzeit eingehalten werden.
Der Gesetzgeber hat mit der Einführung von Pflegepersonaluntergrenzen ausdrücklich das Ziel verfolgt, die Patientensicherheit im Krankenhaus zu erhöhen und die Patientengesundheit zu schützen. Dieses Ziel ist nur dann in dem erforderlichen Umfang zu erreichen, wenn die vorgegebenen Untergrenzen für die Personalbesetzung auch tatsächlich in jeder Schicht einzuhalten sind. Wird die Einhaltung der Pflegepersonaluntergrenzen lediglich im Jahresdurchschnitt verlangt, würde dies die jederzeitige Unterschreitung der Untergrenze in unbeschränktem Umfang erlauben. Solche Pflegepersonaluntergrenzen wären keine »Untergrenzen«. Ihre Festlegung stünde auch im Widerspruch zum Gesetzesauftrag.
Gegen die Einführung von Pflegepersonaluntergrenzen wird eingewendet, es stünden gegenwärtig und in absehbarer Zukunft nicht genügend Pflegefachkräfte auf dem Arbeitsmarkt zur Verfügung. Selbst wenn Krankenhäuser Pflegepersonaluntergrenzen einhalten wollten, könnten sie dies nicht, weil bereits jetzt offene Stellen häufig nicht besetzt werden können. So sehr diese Bedenken angesichts offenbar bestehender Probleme bei der Gewinnung von Pflegefachkräften nachvollziehbar sind, sie können kein Hinderungsgrund für die Einführung von bedarfsgerechten Pflegepersonaluntergrenzen sein.
Krankenhäuser haben ihre Ausbildungskapazitäten für Pflegeberufe in der Vergangenheit deutlich reduziert. Wurden im Jahr 1992 noch insgesamt mehr als 87.000 Ausbildungsplätze für die Kranken- und Kinderkrankenpflege angeboten, lag ihre Zahl im Jahr 2016 nur noch bei ca. 79.700. Eine Reduzierung um ca. 10% bedeutet, dass jedes Jahr ca. 8.000 weniger Pflegefachkräfte ausgebildet werden.
Die Einführung von Pflegepersonaluntergrenzen sollte Anlass für eine deutliche Erhöhung der Zahl der Ausbildungsplätze sein. Zudem ist es erforderlich, zugleich auch eine bundesweite koordinierte Initiative zur Gewinnung von Auszubildenden für Pflegeberufe zu starten. Diese muss mit einer Verbesserung der Ausbildungsbedingungen einhergehen. Werden zusätzliche Ausbildungsplätze in dem entsprechenden Umfang geschaffen und gelingt es, diese auch zu besetzen, können innerhalb weniger Jahre mehre Zehntausend zusätzliche Pflegefachkräfte gewonnen werden.
Seit Jahren steigt der Anteil der Teilzeitbeschäftigten im Pflegedienst der Krankenhäuser und liegt mittlerweile bei ca. 50 Prozent bzw. ca. 200.000 Beschäftigten. Die weit überdurchschnittliche Teilzeitquote ist nur zu einem Teil durch familiäre Gründe etc. zu erklären. Aufgrund der hohen Arbeitsbelastung reduzieren zunehmend mehr Pflegekräfte ihre Arbeitszeit, um ihre Gesundheit zu schützen. Gelingt es, einen relevanten Teil der Teilzeitbeschäftigten für eine Erhöhung ihrer individuellen Arbeitszeit zu gewinnen, kann dies ebenfalls dazu beitragen, dass neu zu schaffende Stellen leichter besetzt werden können.
Der Anteil der Berufsaussteigerinnen ist in den Pflegefachberufen traditionell relativ hoch und hat durch die gestiegene Arbeitsbelastung weiter zugenommen. Gelingt es, einen relevanten Teil der Berufsaussteigerinnen wieder für eine Berufstätigkeit in der Pflege zu gewinnen, kann auch dies zur Deckung eines erhöhten Personalbedarfs aufgrund von Pflegepersonaluntergrenzen beitragen.
Pflegeberufe weisen aufgrund der hohen Arbeitsbelastung mittlerweile eine der höchsten Frühverrentungsquoten aller Berufe auf. Eine der zentralen Anforderungen der nächsten Jahre wird es darum sein, die Arbeitsbedingungen der älteren Pflegekräfte so zu gestalten, dass sie eine Berufstätigkeit bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze ermöglichen. In dem Maße wie dies gelingt, kann ein zukünftig höherer Personalbedarf auch durch im Beruf verbleibende ältere Pflegekräfte gedeckt werden.
Die nachhaltige Sicherstellung eines ausreichenden Arbeitskräfteangebots an Pflegefachkräften wird durch die Vorgabe bedarfsgerechter Pflegepersonaluntergrenzen allein sicherlich nicht zu erreichen sein. Erforderlich ist eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen im Pflegedienst der Krankenhäuser insgesamt und in allen Bereichen. Ohne ausreichend Personal werden jedoch alle anderen Maßnahmen nicht wirklich greifen können. Gelingt es in den nächsten Jahren nicht, die Arbeitsbelastung im Pflegedienst der Krankenhäuser durchgreifend und dauerhaft zu senken, muss damit gerechnet werden, dass nicht ausreichend Nachwuchs gewonnen werden kann, zunehmend mehr ältere Pflegekräfte vorzeitig verrentet werden und die verbleibenden Pflegekräfte aufgrund der steigenden Arbeitsbelastung zunehmend entweder den Beruf verlassen oder resignieren und Burnout-Symptome entwickeln.
Alles zusammen birgt erhebliche Gefahren für die Qualität der Krankenhausversorgung und die Gesundheit der Krankenhauspatienten. Betroffen davon können alle Bürgerinnen und Bürger sein, denn Krankenhauspatient kann jede und jeder jederzeit werden.
Die Frage, ob die Personalausstattung im Pflegedienst einer Fachabteilung sachgerecht, also bedarfsgerecht, ist oder nicht, kann perspektivisch nur auf der Grundlage der Ermittlung des Pflegebedarfs mittels eines eigenständigen, zu diesem Zweck zu entwickelnden Instrumentes beantwortet werden, wie beispielsweise eine Weiterentwicklung der Pflege-Personalregelung (PPR) oder vergleichbar mit dem Verfahren der „Leistungserfassung in der Pflege (LEP).
Dass dies möglich ist, zeigen die Vorgaben des § 113c SGB XI und die in diesem Zusammenhang begonnene Arbeit. Erste Vorstellungen zu einem gangbaren Weg wurden hierzu bereits vorgelegt. Die gegenwärtige Unterbesetzung macht es erforderlich, mit Sofortprogrammen die Beschäftigten kurzfristig zu entlasten und Verbesserungen der Patientenversorgung zu gewährleisten.
[1] Zu den Ergebnissen der internationalen Forschung vgl. insbesondere Kane et al. 2007; Lang et al. 2004; Shekelle 2013
Bereichsleiterin Gesundheitswesen/Gesundheitspolitik
030/6956-1810
grit.genster@verdi.de
ver.di Bundesverwaltung