Pflegekräfte in Brandenburg wollen eine wirkungsvolle Interessenvertretung in Politik und Gesellschaft. Doch wollen sie auch eine Pflegekammer mit verpflichtender Mitgliedschaft und Zwangsbeiträgen? Nach Ansicht von ver.di lässt sich das aus den ersten Ergebnissen einer Befragung zur Pflegekammer nicht ableiten, die am 20. Dezember 2018 in Potsdam vorgestellt wurden. Vielmehr sprachen sich 53 Prozent der knapp 1.700 befragten Pflegekräfte gegen Pflichtbeiträge für eine solche Institution aus.
Ob und in welcher Form diese für die rund 54.000 Pflegekräfte in Brandenburg gegründet wird, ist weiter in der Diskussion. Nach Ansicht von ver.di ergibt sich aus den Ergebnissen der Auftrag an die Landesregierung, »sich mit wirksamen institutionalisierten Alternativen zu einer Pflegekammer auseinanderzusetzen«, wie Landesfachbereichsleiterin Meike Jäger betonte. Dass es solche gibt, zeigt das Beispiel Bayern: Die dort geschaffene »Vereinigung der bayerischen Pflege« kommt ohne Zwangsmitgliedschaft, ohne Pflichtbeiträge und ohne berufliche Gerichtsbarkeit aus. Auch in Brandenburg stehe ver.di weiterhin für die Entwicklung langfristig tragfähiger Alternativen zur Verfügung, so Jäger.
Nach derzeitigem Stand soll 2022 eine Fachanhörung der Koalition mit allen etablierten und im Aufbau befindlichen Pflegekammern stattfinden.
Pressemitteilung, Berlin, 29.05.2019. Mehr als 2.850 Pflegefachkräfte aus Brandenburger Kliniken und der stationären und ambulanten Pflege im Land Brandenburg haben sich an einer von ver.di initiierten Unterschriftensammlung gegen eine Pflichtmitgliedschaft und gegen einen Zwangsbeitrag in einer Pflegekammer beteiligt. Die Unterschriftenlisten werden am heutigen Mittwochvormittag, dem 29. Mai 2019 an die Ausschussvorsitzende vom Ausschuss für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie, Frau Sylvia Lehmann (SPD) im Potsdamer Landtag übergeben.
Bereits im Jahr 2018 hatten sich 1.690 Pflegefachkräfte von insgesamt 54.000 Pflegekräften im Land Brandenburg an einer Befragung des Landes zur Pflegekammer beteiligt. Zur Bewertung wurden 1.224 Stimmabgaben repräsentativ ausgewählt. Eine Mehrheit davon hatte sich bei dieser Befragung zwar für eine Pflegekammer aber gleichzeitig gegen einen Pflichtbeitrag ausgesprochen. Rund dreiviertel der Befragten waren überzeugt, dass die Pflegekammer bei den entscheidenden Themen Entlohnung und Personalmangel keinen Einfluss hat. „Jetzt ist die Landesregierung gefordert, eine andere Form der berufsfachlichen Vertretung abseits der Pflegekammer zu finden“, so Meike Jäger, die Leiterin des ver.di-Fachbereichs Gesundheit, Soziale Dienst und Kirchen in Berlin und Brandenburg.
„Die mehr als 2.850 Unterschriften, die binnen fünf Wochen gesammelt wurden, machen deutlich, dass die Beschäftigten in der Pflege keine Zwangsverkammerung des Pflegeberufes wollen“, so Ralf Franke von der Gewerkschaft ver.di im Land Brandenburg. Ralf Franke verweist auf die „Die Vereinigung der Pflegenden in Bayern“, eine Körperschaft des öffentlichen Rechts. Die Mitgliedschaft in der Vereinigung der Pflegenden in Bayern ist für die Pflegefachkräfte im Freistaat Bayern freiwillig.
Umfrage zur Pflegekammer in Brandenburg: Pflegekräfte wollen starke Interessenvertretung, aber keinen »organisatorischen Wasserkopf« oder verpflichtende Beiträge bezahlen.
Pflegekräfte in Brandenburg wollen eine wirkungsvolle Interessenvertretung in Politik und Gesellschaft. Doch wollen sie auch eine Pflegekammer mit verpflichtender Mitgliedschaft und Zwangsbeiträgen? Nach Ansicht von ver.di lässt sich das aus den ersten Ergebnissen einer Befragung zur Pflegekammer nicht ableiten, die am 20. Dezember 2018 in Potsdam vorgestellt wurden. Vielmehr sprachen sich 53 Prozent der knapp 1.700 befragten Pflegekräfte gegen Pflichtbeiträge für eine solche Institution aus.
Ob und in welcher Form diese für die rund 54.000 Pflegekräfte in Brandenburg gegründet wird, will die Landesregierung in den kommenden Monaten prüfen und den Dialog zum Thema fortsetzen. ver.di wird sich dabei weiter einbringen – mit einer kritischen Positionierung, wie Landesfachbereichsleiterin Meike Jäger klar machte: »Wir sehen es weiterhin sehr kritisch, dass mit Einführung einer Pflegekammer abhängig Beschäftigte gezwungen werden sollen, die Sicherstellung einer qualitativen Patientenversorgung und die Kontrolle individueller Weiterbildungsverpflichtungen auch noch selbst zu bezahlen.«
Denn entgegen mancher Hoffnung ist die Aufgabe einer Pflegekammer nicht die Durchsetzung von Entlastung und angemessener Bezahlung, sondern die Kontrolle der Versorgungsqualität. Dafür soll sie unter anderem eine Berufsordnung erlassen und Fortbildungsstandards festlegen – was originär staatliche Aufgaben sind, die auch der Staat selbst finanzieren sollte. »Nicht Aufgabe einer Pflegekammer wäre es, Tarifverhandlungen zu führen oder die Arbeitsbedingungen vor Ort direkt zu beeinflussen«, bestätigt das Brandenburger Gesundheitsministerium in einer Pressemitteilung.
Vor diesem Hintergrund befürchtet der Krankenpfleger Andreas Kutsche, dass eine Pflegekammer »den Druck auf die Pflegenden noch erhöhen wird, statt sie zu entlasten«. Denn ob Arbeitgeber die Fortbildungen, zu denen die Kammer ihre Mitglieder verpflichtet, auch bezahlen und die Beschäftigten dafür freistellen, kann sie selbst nicht beeinflussen. »Klar: Pflegekräfte brauchen eine starke Interessenvertretung«, betonte Kutsche in einem kürzlich erschienenen ver.di-Flugblatt. »Für mich ist und bleibt das ver.di. Je mehr sich in der Gewerkschaft engagieren, desto mehr können wir durchsetzen.«
Dass eine Pflegekammer weder die Entlohnung noch die Personalbesetzung beeinflussen kann, sagen auch drei von vier befragten Pflegekräften. 64 Prozent von ihnen befürchten, dass mit der Pflegekammer ein »organisatorischer Wasserkopf« geschaffen wird, der die Situation im Pflegealltag nicht verbessert.
ver.di habe großes Verständnis für den Wunsch der Pflegekräfte, mehr Einfluss auf die Belange ihrer Berufsgruppe und auf die Weiterentwicklung ihres Berufsbildes zu nehmen, betonte die Gewerkschafterin Jäger. »Die Notwendigkeit, dass dafür eine Berufskammer mit all den damit verbundenen Zwängen und Kontrollen eingerichtet werden muss, sehen wir jedoch weiterhin nicht.« Aus der Befragung ergebe sich vielmehr der Auftrag an die Landesregierung, »sich mit wirksamen institutionalisierten Alternativen zu einer Pflegekammer auseinanderzusetzen«. Dass es solche gibt, zeigt das Beispiel Bayern: Die dort geschaffene »Vereinigung der bayerischen Pflege«kommt ohne Zwangsmitgliedschaft, ohne Pflichtbeiträge und ohne berufliche Gerichtsbarkeit aus. Auch in Brandenburg stehe ver.di weiterhin für die Entwicklung langfristig tragfähiger Alternativen zur Verfügung, betonte Jäger.
Demnächst werden im Land Brandenburg rund 1.000 zufällig ausgewählte Pflegefachkräfte und Auszubildende dazu befragt, ob sie die Errichtung einer Pflegekammer befürworten.
Vielleicht werden auch Sie/wirst auch du für die Befragung ausgewählt? Wir möchten Ihnen/dir daher die Position der Gewerkschaft ver.di zur Pflegekammer erläutern.
Die Pflege ist ein toller, anspruchsvoller und für die Gesellschaft wichtiger Beruf. Er verdient Anerkennung und Respekt. Nicht nur in Sonntagsreden, sondern im Alltag. Das heißt: Gute Ausbildungs- und Arbeitsbedingungen sowie angemessene Bezahlung. Hilft die Einrichtung einer Pflegekammer dabei, diese Ziele zu erreichen? Wir meinen: Nein. Für diese Position gibt es gewichtige Gründe.
Was schlägt ver.di vor?
Die Pflege verschafft sich Respekt. Nicht mit Hilfe der Pflegekammer, sondern durch eine starke, selbstbewusste Bewegung. Die öffentlichen Proteste, betrieblichen Aktionen und Streiks der vergangenen Monate – sei es in Krankenhäusern oder Einrichtungen der ambulanten und stationären Pflege – haben einiges bewirkt. Niemand kann mehr ignorieren, wie wichtig die Pflege ist und dass sich etwas ändern muss. Gemeinsam mit unserer Gewerkschaft ver.di lassen wir nicht locker und nehmen Politiker/innen und Arbeitgeber weiter in die Pflicht. Für Entlastung, mehr Personal und gute tarifliche Bezahlung. Das erreichen wir – gemeinsam.
Alle Infos zum Thema findet ihr in unserem Flyer.
Landesfachbereichsleiterin Berlin-Brandenburg
030 / 8866-5300
jana.seppelt@verdi.de