Die chronische Personalnot in Kliniken, Pflegeeinrichtungen und ambulanten Diensten wirkt sich deutlich auf die Qualität der Ausbildung in den Pflegeberufen aus. Und: Die Corona-Pandemie hat ohnehin bestehende strukturelle Probleme noch verschärft. Das sind zentrale Erkenntnisse aus dem Ausbildungsreport Pflegeberufe 2021, den ver.di am Donnerstag (13. Oktober 2022) veröffentlicht hat. »Weniger als 43 Prozent der Auszubildenden in der Pflege sind mit ihrer Ausbildung zufrieden. Das ist ein Alarmsignal und deutlich schlechter als in anderen Berufen«, erklärt ver.di-Bundesvorstandsmitglied Sylvia Bühler zur Vorstellung der Befragung, an der sich insgesamt über 3.000 Auszubildende und Studierende beteiligt haben. Laut Ausbildungsreport 2020 der DGB-Jugend – den die Erhebung von ver.di zu den Pflegeberufen ergänzt – sind immerhin gut 71 Prozent der Auszubildenden nach Berufsbildungsgesetz zufrieden oder sehr zufrieden.
Auch die Ursachen der Unzufriedenheit werden im Ausbildungsreport Pflegeberufe offengelegt. So fühlt sich fast die Hälfte der Befragten durch die Ausbildungsbedingungen häufig oder immer belastet. Viele klagen über hohen Zeitdruck (62 Prozent), mangelnde Vereinbarung von Berufs- und Privatleben (48 Prozent) sowie fehlende Pausen (43 Prozent). Über 58 Prozent berichten, dass sie immer oder häufig Probleme haben, sich in ihrer Freizeit zu erholen – eine Verdoppelung gegenüber der letzten Befragung im Jahr 2015, als der Wert bei gut 26 Prozent lag. Unter den Auszubildenden nach Berufsbildungsgesetz hat weniger als ein Viertel Probleme damit, sich in der Freizeit zu erholen. »Die Ergebnisse unseres Ausbildungsreports zeigen, wie hoch die Belastung schon während der Pflegeausbildung ist. Kein Wunder, dass viele die Ausbildung abbrechen oder kurz nach ihrem Abschluss das Weite suchen«, betont Bühler. »Hier gilt es dringend anzusetzen, um den eklatanten Mangel an Fachkräften in der Pflege zu bekämpfen. Es braucht dringend bessere Ausbildungs- und Arbeitsbedingungen, um die Menschen in diesem so wichtigen und erfüllenden Beruf zu halten.«
Als wesentlich sieht ver.di dabei die Praxisanleitung. Doch hier liegt einiges im Argen: Über 43 Prozent der Auszubildenden berichten, selten oder nie von Praxisanleiter*innen an ihre beruflichen Aufgaben herangeführt zu werden. Besonders gravierend ist das Problem in der Altenpflege, wo das für fast zwei Drittel gilt. Das neue Pflegeberufegesetz – das auf Drängen von ver.di immerhin schon mal mindestens zehn Prozent geplante und strukturierte Anleitung während jedes praktischen Einsatzes festschreibt – hat in diesem Aspekt eine positive Wirkung. Allerdings wird die Vorgabe bei 55 Prozent der Auszubildenden »nur auf dem Papier« oder gar nicht eingehalten. »Eine gute und strukturierte Anleitung ist entscheidend, um Überforderung zu vermeiden und eine qualifizierte Ausbildung zu gewährleisten«, erklärt Hanna Stellwag, die bei ver.di im Bereich Berufspolitik/Jugend arbeitet. »Deshalb muss die Einhaltung der vorgeschriebenen Praxisanleitung unbedingt kontrolliert und durchgesetzt werden. Und wir machen uns dafür stark, dass im nächsten Schritt der Anteil im Pflegeberufegesetz auf mindestens 20 Prozent erhöht wird.« Neben der geplanten müsse auch situative Anleitung im täglichen Lernprozess ermöglicht werden. Hierfür brauche es genug qualifizierte Praxisanleiter*innen, die für diese Tätigkeiten ausreichend Zeit haben und dafür freigestellt werden.
Auch die Zahl der Lehrkräfte an den Pflegeschulen müsse steigen, fordert Stellwag. Auf höchstens 15 Auszubildende sollte jeweils eine Lehrkraft kommen. Um die dafür nötigen Lehrkräfte auszubilden, müssten die Bundesländer gebührenfreie Studienplätze in ausreichender Zahl zur Verfügung stehen, die den notwendigen Qualitätsstandards entsprechen.
»Die Pflegeausbildung ist gefragt«, stellt Sylvia Bühler unter Verweis auf zunehmende Ausbildungszahlen fest. Laut Statistischem Bundesamt ist die Zahl der Auszubildenden nach dem neuen Pflegeberufegesetz 2021 gegenüber dem Vorjahr um fünf Prozent auf rund 56.300 gestiegen. »Ganz offensichtlich wollen viele junge Menschen in ihrem Berufsleben etwas Sinnstiftendes tun, etwas, das anderen hilft – das ist ermutigend.« Doch sie müssten auch langfristig in den Pflegeberufen gehalten werden. »Wenn viele junge Menschen nachkommen und die erfahrenen gehalten werden können, kann der Teufelskreis aus Überlastung, Berufsflucht und weiter steigender Belastung zu durchbrochen werden. Gute Bedingungen in der Ausbildung und im betrieblichen Alltag, das ist die Lösung«, so die Gewerkschafterin. An die Auszubildenden appellierte sie, sich gemeinsam für bessere Bedingungen einzusetzen – ob im Betrieb, in Tarifbewegungen oder gegenüber den politisch Verantwortlichen. »Wer für andere sorgen will, sollte auch für sich selbst gut sorgen können und die eigenen Belange vertreten. Machen wir uns gemeinsam stark – alle zusammen in ver.di.«
Pressemitteilung. Berlin, 13.10.2022. Die Überlastung und Personalnot in den Gesundheitseinrichtungen hat auch deutliche Auswirkungen auf die Qualität der Pflegeausbildung. Das zeigt der aktuelle „Ausbildungsreport Pflegeberufe 2021“ der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di), an dem sich über 3.000 Auszubildende und Studierende beteiligt haben. Von diesen sind nicht einmal 43 Prozent mit ihrer Ausbildung zufrieden – weit weniger als in klassischen dualen Ausbildungsberufen. „Die hohe Unzufriedenheit von Auszubildenden in der Pflege ist ein Alarmsignal, das Arbeitgeber und politisch Verantwortliche nicht ignorierten dürfen“, sagte ver.di-Bundesvorstandsmitglied Sylvia Bühler. „Die Auszubildenden von heute sind die Fachkräfte von morgen. Ziel muss es sein, dass sie ihre Ausbildung abschließen und langfristig im Beruf bleiben. Dafür braucht es gute Ausbildungs- und Arbeitsbedingungen.“
Laut Befragung fühlt sich fast die Hälfte der Auszubildenden in der Pflege durch die Ausbildungsbedingungen häufig oder immer belastet. Viele klagen über hohen Zeitdruck (62 Prozent), mangelnde Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben (48 Prozent) sowie fehlende Pausen (43 Prozent). Über 58 Prozent berichten, dass sie immer oder häufig Probleme haben, sich in ihrer Freizeit zu erholen – eine Verdoppelung gegenüber der letzten Befragung im Jahr 2015 und weit mehr als in anderen Berufen. Bei der Praxisanleitung liegt ebenfalls einiges im Argen: Über 43 Prozent der Auszubildenden berichten, selten oder nie von Praxisanleiterinnen oder Praxisanleitern an ihre beruflichen Aufgaben herangeführt zu werden.
„Die Pflegeausbildung ist beliebt“, stellte Bühler unter Verweis auf zunehmende Ausbildungszahlen fest. Laut Statistischem Bundesamt haben allein 2021 rund 56.300 Menschen eine Pflegeausbildung begonnen, fünf Prozent mehr als im Vorjahr. „Ganz offensichtlich wollen viele junge Menschen in ihrem Berufsleben etwas Sinnstiftendes tun, etwas, das anderen hilft – das ist ermutigend.“ Doch sie müssten auch langfristig in den Pflegeberufen gehalten werden. „Wenn viele junge Menschen nachkommen und die Erfahrenen gehalten werden können, kann der Teufelskreis aus Überlastung, Berufsflucht und weiter steigender Belastung durchbrochen werden“, so die Gewerkschafterin. „Gute Bedingungen in der Ausbildung und im betrieblichen Alltag – das ist die Lösung.“
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