»Pflege muss zusammenhalten«

ver.di-Aktive plädieren für einen einheitlichen und attraktiven Tarifvertrag für beruflich Auszubildende und dual Studierende in der Pflege.
11.06.2024

Die Bezahlung und die Arbeitsbedingungen der dual Studierenden in der Pflege müssen per Tarifvertrag geregelt werden – darin sind sich ver.di und die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) im Grundsatz einig. Dennoch hakt es bei den Verhandlungen, auch in der zweiten Runde am 4. Juni 2024 in Berlin gab es keine Annäherung. Der Grund: Die Arbeitgeber beharren auf einem eigenen Tarifwerk für dual Studierende. Die ver.di-Verhandlungskommission – in der sowohl dual Studierende als auch beruflich ausgebildete Pflegefachpersonen vertreten sind – ist hingegen überzeugt, dass einheitlich gute Bedingungen in der Berufsgruppe am sinnvollsten sind.

»Die Pflege muss zusammenhalten«, findet Sara Feddersen, die in Hamburg ein ausbildungsintegriertes duales Pflegestudium absolviert und Mitglied der ver.di-Verhandlungskommission ist. »Dual Studierende und andere Auszubildende sollten dieselben tarifvertraglichen Bedingungen haben, sonst gibt es schon in der Ausbildung eine Spaltung.« Am besten wäre es aus ihrer Sicht deshalb, den Tarifvertrag für Auszubildende im öffentlichen Dienst (TVAöD) auf dual Studierende auszuweiten. »Wir wollen eine faire Entlohnung, aber auch die anderen Bestandteile des Tarifvertrags – so wie alle anderen Auszubildenden«, betont Sara Feddersen. Schließlich finde der praktische Teil der Ausbildung – auf den sich die Tarifregelungen vor allem beziehen – in der beruflichen und hochschulischen Pflegeausbildung unter weitgehend gleichen Bedingungen statt.

 

Veranstaltungstipp

ver.di lädt Auszubildende und Studierende nach Pflegeberufegesetz, Jugend- und Auszubildendenvertretungen sowie interessierte ver.di-Mitglieder am 27. August 2024 online zum Austausch ein. Interessierte können sich hier anmelden.

 

Gute Regelungen für Auszubildende durchgesetzt

Das ver.di-Verhandlungskommissionsmitglied Elena Saitta, die in Stuttgart eine betriebliche Ausbildung zur Pflegefachfrau macht, warnt ebenfalls vor einer Spaltung der Berufsgruppe: »Wenn wir uns auseinanderdividieren lassen, wäre das völlig kontraproduktiv.« Alle hätten gleich attraktive Bedingungen verdient. Die Gewerkschafterin verweist darauf, dass die Auszubildenden mit ver.di schon viele gute Regelungen durchgesetzt haben.

So beinhaltet der TVAöD für die Pflege nicht nur eine im Vergleich zu anderen Ausbildungsberufen höhere Vergütung. Der Tarifvertrag schreibt zum Beispiel auch vor, dass Arbeitgeber kostenlos Ausbildungsmittel zur Verfügung stellen müssen – nicht nur, wie im Gesetz geregelt, für die praktische Ausbildung, sondern auch für den theoretischen Unterricht an Pflegeschulen. Zudem werden Auszubildende zur Vorbereitung von Abschlussprüfungen bis zu fünf Tage freigestellt. Nach bestandener Prüfung erhalten sie eine Abschlussprämie von 400 Euro. »All das steigert die Attraktivität der Ausbildung und muss auch den dual Studierenden zugutekommen«, meint Elena Saitta.

Charité-Studierende für gleiche Bedingungen

»Wir lernen und arbeiten in der Praxis zusammen«, betont Lilith-Marie Ludewig, die an der Berliner Charité ein Bachelorstudium Pflege absolviert. »Es wäre für mich absolut beklemmend, anders behandelt zu werden als beruflich Auszubildende. Wir sind ein Team!« Sollten die Arbeitgeber den dual Studierenden eine höhere Vergütung anbieten – bislang haben sie keine konkreten Angebote gemacht – müssten diese auch für andere Auszubildende greifen, findet Lilith-Marie Ludewig, die sich ebenfalls in der ver.di-Verhandlungskommission engagiert.

 

Unter ihren Kommiliton*innen steht sie mit dieser Position nicht alleine. Auf einer Vollversammlung der Pflegestudierenden an der Charité Ende Mai war man sich bei dem Thema schnell einig. In einer mit überwältigender Mehrheit beschlossenen Resolution betonen die Studierenden, es dürfe zu keiner Spaltung zwischen hochschulischen und beruflichen Auszubildenden kommen. »Eine Unterscheidung der Ausbildungswege in Form von unterschiedlichen Tarifverträgen würde eine gemeinsame Berufsidentität erschweren.« Und: »Da wir in den Praxiseinsätzen zum großen Teil die gleichen Aufgaben erfüllen wie die Auszubildenden, finden wir ein gleiches Gehalt gerechtfertigt.«

»Gemeinsam sind wir stärker!«

Für die Gesundheits- und Krankenpflegerin Franziska Aurich, die ebenfalls an der Charité arbeitet, ist es »enttäuschend, dass sich die Arbeitgeber an dieser formalen Frage aufhängen, statt über die Inhalte zu verhandeln«. Auch im TVAöD könnten spezifische Regelungen für einzelne Gruppen aufgenommen werden. »Es geht den Arbeitgebern offenbar um die Symbolik berufspolitischer Weichenstellungen, nicht um Inhalte«, bedauert Franziska Aurich. »Wir wollen gute Bedingungen und eine Aufwertung der Pflege – unabhängig vom Ausbildungsweg.«

Ein einheitlicher Tarifvertrag sei auch deshalb wichtig, weil sich die Auszubildenden auch in Zukunft weiter gemeinsam für Verbesserungen einsetzen könnten. »Alle Erfahrung zeigt: Gemeinsam sind wir stärker«, betont die Gewerkschafterin. »In der ver.di-Verhandlungskommission sind wir von dieser Position überzeugt. Wir wollen sie aber gerne unter den betroffenen Kolleginnen und Kollegen zur Diskussion stellen.« 

 

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