An die ärztlichen Direktorinnen und Direktoren von Vivantes
Mit Unverständnis und Empörung haben wir Ärztinnen und Ärzte der ver.di-Bundesfachkommission Ärztinnen und Ärzte den Appell der ärztlichen Direktor*innen von Vivantes zur Kenntnis genommen.
Sie stellen sich gegen den Streik der Kolleginnen und Kollegen, weil die Patientenversorgung dadurch gefährdet sei. Wo waren die ärztlichen Direktor*innen, als Ärztinnen und Ärzte, Pflegepersonen und Tausende an der Krankenversorgung beteiligte Beschäftigte über Jahre vergeblich innerhalb der Kliniken und in der Öffentlichkeit mit Worten und Anklagen auf die dauerhafte Gefährdung der Patientenversorgung durch Personalmangel, Unterbesetzung und Überlastung der Beschäftigten hingewiesen haben?
Wenn diese nun zum Streik als letzten Mittel greifen, das Arbeitnehmer*innen zur Verfügung steht, um für erträgliche Arbeitsbedingungen zu kämpfen, dann tun sie dies, weil sie es leid sind, mit Lob, warmen Worten und Scheinlösungen abgefunden zu werden.
Ihre Aufgabe und Verantwortung als leitende Ärztinnen und Ärzte – im Sinne des Ärztlichen Eides – sehen wir als ärztliche Kolleginnen und Kollegen zu allererst darin, dass Sie zum Wohl der Patient*innen handeln und Schaden von ihnen abwenden. Dazu gehört, dass Sie sich für gute Bedingungen für die Patientenversorgung einsetzen.
Stattdessen verleihen Sie den Stimmen der Geschäftsleitungen und Teilen der Politik Ihre ärztliche Autorität, um den Kurs der Sparpolitik gegen Patient*innen und Beschäftigte fortsetzen zu können. Und Sie schüren eine völlig unbegründete Angst davor, dass die Patientenversorgung durch den Streik gefährdet würde. Keine und keiner der Streikenden wird irgendeine akut notwendige Hilfeleistung blockieren, sei es eine Operation, eine Intervention, akute Behandlung oder Krisenintervention. Die Notversorgung wird sichergestellt.
Tragen Sie dazu bei, die Patientenversorgung in Ihren Kliniken nachhaltig zu verbessern! Tragen Sie dazu bei, dass Tausende, die den Beruf verlassen oder den Beschäftigungsumfang reduziert haben, zurückkehren können und unter menschlichen Bedingungen ihren Beitrag zur Patientenversorgung leisten können. Die von den Arbeitgebern so laut geforderte, jetzt in fernen Ländern geortete Personalreserve ist hier und heute, auch in Berlin und Brandenburg, längst vorhanden. Sie muss aber gehoben werden durch gute Arbeitsbedingungen, vor allem ausreichende Personalbemessung und genug qualifizierte Kolleg*innen.
Wir, die Ärztinnen und Ärzte der Bundesfachkommission Ärztinnen und Ärzte der ver.di, fordern Sie als ärztliche Direktor*innen von Vivantes auf, sich auf die Seite der Beschäftigten und der langfristig gesicherten Patientenversorgung zu stellen und den Streik zu unterstützen. Darin sehen wir ärztliches Handeln in dieser Situation.
Berlin, 14. September 2021
ver.di-Bundesfachkommission Ärztinnen und Ärzte
Bereichsleiterin Berufspolitik/Jugend
030/6956-1830
melanie.wehrheim@verdi.de